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09.03.2015
Unternehmensteuer

BMF: Abgrenzung einer Tätigkeit mit vermögensverwaltendem Charakter von einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung bei Investmentfonds (§ 1 Abs. 1b Nr. 3 InvStG)

Mit Schreiben vom 03.03.2015 hat das BMF zur Auslegung des § 1 Abs. 1b Nr. 3 InvStG Stellung bezogen, wonach der objektive Geschäftszweck eines Investmentfonds auf die Anlage und Verwaltung seiner Mittel für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger beschränkt sein und eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung der Vermögensgegenstände ausgeschlossen sein muss. Im Folgenden fassen wir das Schreiben für Sie zusammen und zeigen auf, wo noch offene Fragen verbleiben.

Hintergrund

Im Rahmen der jüngsten Änderung des Investmentsteuergesetzes (InvStG) durch das AIFM-StAnpG wurde unter anderem der Anwendungsbereich des Gesetzes grundlegend neu geregelt und hierbei auch für deutsche Anlagevehikel der materielle Investmentbegriff eingeführt. Dementsprechend müssen nunmehr auch diese bestimmte Kriterien erfüllen, damit sie als Investmentfonds qualifizieren und die Anleger in den Genuss der vielfach bevorzugten Investmentfondsbesteuerung auf Basis des sog. Transparenzprinzips kommen.

Während die Interpretation der einzelnen Merkmale folglich von erheblicher praktischer Bedeutung ist, bestehen oftmals noch Unsicherheiten bei der Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe. Es ist daher zu begrüßen, dass die Finanzverwaltung mit Schreiben vom 03.03.2015 ihre Rechtsauffassung zu § 1 Abs. 1b Nr. 3 InvStG äußert, wonach der objektive Geschäftszweck eines Investmentfonds auf die Anlage und Verwaltung seiner Mittel für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger beschränkt sein und eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung der Vermögensgegenstände grundsätzlich ausgeschlossen sein muss.

Verwaltungsanweisung

Das BMF weist zunächst darauf hin, dass die allgemeinen Grundsätze zur Abgrenzung einer gewerblichen von einer vermögensverwaltenden Tätigkeit nicht unmittelbar anwendbar sind. Ergibt sich nach diesen Grundsätzen jedoch, dass eine Tätigkeit vermögensverwaltenden Charakter hat, liegt keine aktive unternehmerische Bewirtschaftung vor. Umgekehrt ist trotz Vorliegen einer gewerblichen Tätigkeit zu prüfen, ob darin auch eine (schädliche) aktive unternehmerische Tätigkeit zu sehen ist. Im Rahmen dieser Prüfung bietet es sich an, zwischen allgemeinen Grundsätzen einerseits und der Immobilienanlage andererseits zu differenzieren, weil sich das BMF zur Immobilienanlage in einem besonders hohen Detaillierungsgrad äußert.

Allgemeine Grundsätze
Bei sämtlichen Anlagevehikeln bleiben die besondere Expertise des Verwalters sowie der wert- und zahlenmäßige Umfang der Geschäfte des Anlagevehikels unberücksichtigt. Darüber hinaus betrachtet die Finanzverwaltung alle Tätigkeiten, die einem OGAW erlaubt sind, nicht als aktive unternehmerische Tätigkeiten.

Im Bereich der Umschichtung von Wertpapieren geht das BMF grundsätzlich von einer privaten Vermögensverwaltung aus. Von einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung soll lediglich dann auszugehen sein, wenn die Umschichtungen im Rahmen des Hochfrequenzhandels erfolgen oder wenn die wesentliche Anlagestrategie auf die kurzfristige Ausnutzung von Preisunterschieden an verschiedenen Börsenplätzen ausgerichtet ist.

Ein Investmentfonds darf sich weder am aktiven Management von Portfolio-Gesellschaften beteiligen, noch darf eine rechtliche oder faktische Weisungsbefugnis gegenüber operativ tätigen Zielunternehmen bestehen. Die Wahrnehmung von Aufsichtsratsfunktionen in den gesellschaftsrechtlichen Gremien der Portfolio-Gesellschaften und die Wahrnehmung von Gesellschafterrechten sind hingegen unschädlich.

Immobilienanlage
Bei der Immobilienanlage regelt das BMF-Schreiben die Abgrenzung sehr dezidiert und unterscheidet die Bereiche Vermietung und Veräußerung. Ganz grundsätzlich weist die Finanzverwaltung darauf hin, dass das Halten von Immobilien und von Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften im Vordergrund der Geschäftstätigkeit stehen muss. Die Vermietung und Verpachtung von Grundvermögen bzw. das Halten von Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften hat grundsätzlich vermögensverwaltenden Charakter, und zwar auch dann, wenn der vermietete Grundbesitz sehr umfangreich ist und der Verkehr mit vielen Mietern erhebliche Verwaltungsarbeit erforderlich macht oder die vermieteten Räume gewerblichen Zwecken dienen.

Bei Vermietung liegt eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung nicht vor, wenn Zusatz- oder Nebenleistungen erbracht werden, die das bei langfristigen Vermietungen übliche Maß nicht überschreiten. Ebenfalls unschädlich sind die Vereinbarung von Umsatzmieten, häufige Mieterwechsel bei dem Grunde nach langfristigen Vermietungen, Marketing- und Werbeleistungen sowie geringfügige Einnahmen aus Nebentätigkeiten, die nicht im Rahmen des Mietverhältnisses gegenüber dem Mieter erbracht werden (z.B. Energieerzeugung mittels Photovoltaik-Anlagen, Blockheizkraftwerken etc.). Eine Geringfügigkeit in diesem Sinn liegt vor, wenn die jährlichen Einnahmen 5% der jährlichen laufenden Einnahmen ohne Berücksichtigung der Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften unterschreiten.

In Veräußerungsfällen wird der Bereich der Vermögensverwaltung bei einem Grundstückshandel überschritten, d.h. wenn Immobilien bereits mit dem Ziel der kurzfristigen Weiterveräußerung erworben werden. Insgesamt darf der Umschlag von Immobilien nicht prägend für die Tätigkeit sein.

Bei Veräußerung sowie Konzeption oder Entwicklung von Immobilien verlangt das BMF sowohl eine Betrachtung jeder einzelnen Immobilie als auch eine Gesamtbetrachtung über das gesamte Immobilienportfolio. Hierbei ist anhand der folgenden Kriterien zunächst für jede einzelne Immobilie zu überprüfen, ob eine unschädliche Veräußerung bzw. Konzeption oder Entwicklung vorliegt.

Im Fall von Baumaßnahmen, deren Aufwand als Herstellungskosten qualifiziert, ist eine Veräußerung unschädlich, wenn die Immobilie vor Beginn der Maßnahme 3 Jahre gehalten wurde oder noch 3 Jahre danach gehalten wird. Darüber hinaus ist eine Baumaßnahme unschädlich, wenn innerhalb der letzten 3 Jahre vor Veräußerung die Kosten 15% des zuletzt festgestellten Verkehrswerts der Immobilie nicht übersteigen.

Ebenfalls unschädlich ist die Konzeption oder die Entwicklung einer Immobilie, wenn die Absicht besteht, die Immobilie zu vermieten und im Bestand zu halten, um dauerhaft Erträge zu erwirtschaften. Hiervon ist auszugehen, wenn die einzelne Immobilie mindestens 3 Jahre nach Fertigstellung gehalten wird.

Liegt demnach für jede einzelne Immobilie keine schädliche Tätigkeit vor, ist anschließend bezogen auf das gesamte Immobilienportfolio zu überprüfen, ob das Ausmaß an Immobilienveräußerungen als unschädlich anzusehen ist.

Immobilienveräußerungen sind zum einen als unschädlich zu betrachten, wenn die Verkaufserlöse der letzten fünf Jahre 50% des Wertes des durchschnittlichen Immobilienbestands der letzten fünf Jahre nicht übersteigen. Besteht ein Investmentfonds seit weniger als fünf Jahren, ist der entsprechend kürzere Zeitraum seit Fondsauflage maßgeblich.

Sollte dieses Kriterium nicht erfüllt werden, wird zum anderen auch dann, wenn die durchschnittliche Haltedauer der in den letzten fünf Jahren veräußerten Immobilien mindestens fünf Jahre beträgt, von einem unschädlichen Maß an Veräußerungen ausgegangen.

Veräußerungen, die zwingend erforderlich sind, um Rückgabeverlangen nachkommen zu können sowie im Fall der Liquidation erfolgen. bleiben generell unberücksichtigt.

Zeitliche Anwendung
Das BMF-Schreiben enthält folgende Aussagen zur zeitlichen Anwendung: „Das Schreiben ist erstmalig auf das Geschäftsjahr eines Investmentfonds anzuwenden, das nach der Veröffentlichung dieses Schreibens beginnt. Es sind daher nur Veräußerungen von Immobilien zu betrachten, die nach der Veröffentlichung dieses Schreibens schuldrechtlich vereinbart werden.“

Dies ist insoweit problematisch, weil einerseits auf den Beginn des Geschäftsjahres, andererseits auf das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft abgestellt wird. Bei einer schuldrechtlichen Vereinbarung im Zeitraum zwischen der Veröffentlichung des Schreibens und dem Beginn des maßgeblichen Geschäftsjahres ist ungewiss, ob die Veräußerung bereits den neuen Regelungen unterliegt.

Werden zukünftig Immobilien veräußert, sind bei der Überprüfung, ob es sich dabei um unschädliche Veräußerungen handelt, auch Zeiträume vor der Veröffentlichung des Schreibens einzubeziehen.

Fazit
Das BMF-Schreiben ist zu begrüßen, weil es nicht zuletzt für Immobilien-Investmentfonds einige wertvolle Hinweise für die Abgrenzung einer Tätigkeit mit vermögensverwaltendem Charakter von einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung enthält. Andererseits bleiben auch Fragen unbeantwortet und vor allem widmet sich das Schreiben nur einem der insgesamt 9 Kriterien, so dass weiterhin zahlreiche Zweifelsfragen hinsichtlich der entscheidenden Frage verbleiben, wann ein Anlagevehikel als Investmentfonds qualifiziert. Die Praxis wird daher oftmals weiterhin mit dem Zweifel leben müssen, ob ein bestimmtes Anlagevehikel als Investmentfonds oder als Investitionsgesellschaft qualifiziert. Insbesondere für in Immobilien investierende Investmentfonds wird der Nachweis einer unschädlichen Tätigkeit mit einem erhöhten Aufwand an Monitoring und Dokumentation - etwa von durchgeführten Baumaßnahmen und deren Kosten, durchschnittlichen Haltedauern von Immobilien oder neben der Vermietung erbrachten Leistungen - verbunden sein.

Darüber hinaus möchten wir darauf hinweisen, dass die in dem Schreiben genannten Grundsätze nach Auffassung des BMF nicht auf Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften anzuwenden sein sollen. Folglich sollen Tätigkeiten, die für Investmentfonds unzulässig sind, an Immobilien-Gesellschaften ausgelagert werden können. Insofern ist darauf hinzuweisen, dass aufsichtsrechtlich die Anforderungen des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) zu beachten sind und der steuerrechtliche Spielraum im Ergebnis damit erheblich eingeschränkt wird.

Betroffene Norm

§ 1 Abs. 1b Satz 2 Nr. 3 InvStG

Fundstelle

BMF-Schreiben v. 03.03.2015 – IV C 1 – S 1980-1/13/10007, DOK 2015/0183897

Ihre Ansprechpartner

Alexander Wenzel
Partner

AlWenzel@deloitte.de
Tel.: 069 75695-6111

Claudia Keller
Senior Manager

ckeller@deloitte.de
Tel.: 089 29036-8774

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