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27.11.2015
Unternehmensteuer

BFH: Steuerermäßigung bei Beteiligungsveräußerung nach Einbringung im zeitlichen Zusammenhang mit Betriebsaufgabe

Beruht die Veräußerung einer GmbH-Beteiligung im Wesentlichen auf der unveränderten Fortführung der bisherigen unternehmerischen Tätigkeit der Personengesellschaft, liegt kein Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn i.S. des § 18 Abs. 3 UmwStG vor mit der Folge, dass die Steuerermäßigung nach § 35 EStG zu gewähren ist. Die Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens ist regelmäßig selbst dann als Fortführung der bisherigen Tätigkeit anzusehen und damit dem laufenden Gewinn zuzuordnen, wenn sie im zeitlichen Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe erfolgt.

Sachverhalt

Der Kläger war alleiniger Kommanditist der X GmbH & Co. KG (KG). Komplementärin und Geschäftsführerin der KG war eine GmbH, deren alleiniger Gesellschafter ebenfalls der Kläger war. Zweck der KG war der Erwerb, das Halten sowie das Verwalten von Beteiligungen, insbesondere an der H-GmbH. Mit Wirkung zum 01.01.2001 brachte der Kläger sein Einzelunternehmen zu steuerlichen Buchwerten in die KG ein. Das eingebrachte Vermögen umfasste eine Beteiligung an der B-GmbH sowie an die B-GmbH verpachteten Grundbesitz, der zum 01.07.2001 an die B-GmbH veräußert wurde. Im Jahr 2001 brachte die KG ihre Beteiligung an der B-GmbH anteilig in die H-GmbH ein und veräußerte den anderen Anteil an der B-GmbH an eine AG. Im Februar 2002 wurde die H-GmbH rückwirkend zum 01.01.2002 auf die KG verschmolzen. Die im Rahmen der Verschmelzung übergegangenen Anteile der H-GmbH an der B-GmbH wurden aufgrund einer bereits in 2001 eingeräumten Kaufoption an die AG abgetreten. Ebenfalls in 2002 wurde die KG aufgelöst. Im Rahmen einer Außenprüfung kam das Finanzamt zu dem Ergebnis, dass der streitige Gewinn aus der Veräußerung des Anteils an der B-GmbH im Streitjahr 2002 nach § 18 Abs. 4 UmwStG 2002 (jetzt § 18 Abs. 3 UmwStG) der Gewerbesteuer unterliege, da die Sperrfrist von fünf Jahren nicht eingehalten wurde. Die Steuerermäßigung nach § 35 EStG finde keine Anwendung. Die Klage hatte Erfolg.

Entscheidung

Das FG habe zu Recht entschieden, dass es sich bei dem streitigen Gewinn aus der Veräußerung des Anteils an der B-GmbH nicht um einen Auflösungs- oder Veräußerungsgewinn i.S. des § 18 Abs. 4 UmwStG 2002 handele. Vielmehr liege ein dem laufenden Gewinn zuzurechnender Gewinn aus einem Geschäftsvorfall, der auf der im Wesentlichen unveränderten Fortführung der bisherigen unternehmerischen Tätigkeit beruhe, vor. Daher sei der darauf entfallende Gewerbesteuermessbetrag bei der Einkommensteuerermäßigung nach § 35 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen.

Nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 EStG 2002 ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, soweit sie anteilig auf im zu versteuernden Einkommen enthaltene gewerbliche Einkünfte entfällt, bei Einkünften aus Gewerbebetrieb als Mitunternehmer i.S. des § 15 Abs. 1 S. 1 Nrn. 2 und 3 EStG 2002 um das 1,8fache des festgesetzten anteiligen Gewerbesteuermessbetrags. Allerdings gehören Veräußerungs- und Aufgabegewinne i.S. des § 18 Abs. 4 S. 1 und 2 UmwStG 2002 (aktuell § 18 Abs. 3 S. 1 und 2 UmwStG n.F.) nicht zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb i.S. von § 35 Abs. 1 Nr. 2 EStG 2002 (§ 18 Abs. 4 S. 3 UmwStG 2002, aktuell § 18 Abs. 3 S. 3 UmwStG n.F.).

Von § 18 Abs. 4 S. 1 und 2 UmwStG 2002 werden Gewinne aus Geschäftsvorfällen, die auf der im Wesentlichen unveränderten Fortführung der bisherigen unternehmerischen Tätigkeit beruhen, nicht erfasst. Dies sei für den Streitfall zu bejahen, denn die Tätigkeit der KG habe auch den Handel mit Beteiligungen umfasst. Die Veräußerung des Anteils an der B-GmbH sei daher nicht Teil der Aufgabe des Betriebs der KG. Schließlich sei die Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens regelmäßig selbst dann als Fortführung der bisherigen Tätigkeit anzusehen und damit dem laufenden Gewinn und nicht dem Aufgabegewinn zuzuordnen, wenn sie im zeitlichen Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe erfolge.

Der streitige Anteil an der B-GmbH gehörte zum Umlaufvermögen der KG:

  • Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft gehörten zwar grundsätzlich zum Anlagevermögen der Besitzgesellschaft. Die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung seien im Streitfall aber spätestens mit der Veräußerung des Betriebsgrundstücks an die B-GmbH mit Wirkung zum 01.07.2001 weggefallen.
  • Wirtschaftsgüter, die zum Zwecke der dauerhaften Einbindung in einen bereits bestehenden Geschäftsbetrieb erworben werden, seien - vorbehaltlich eines Gestaltungsmissbrauchs - auch dann im Anlagevermögen auszuweisen, wenn die gesamte organisatorische Einheit (Betrieb einschließlich erworbener Wirtschaftsgüter) kurze Zeit später mit der Absicht ihrer Weiterführung veräußert werde (vgl. BFH-Urteil vom 01.08.2005). Im Streitfall fehle es aber an der Veräußerung einer solchen organisatorischen Einheit.
  • Die Beteiligung an der B-GmbH sei auch nicht mit der Begründung dem Anlagevermögen der KG zuzuordnen, dass die KG während ihres Bestehens neben den beiden Anteilen an der B-GmbH keine weiteren Beteiligungen erworben und veräußert habe. Denn auch eine geringe Handelstätigkeit führe nicht dazu, dass die gehandelten Wirtschaftsgüter nicht dem Umlauf-, sondern dem Anlagevermögen zuzuordnen wären.

Betroffene Normen
§ 18 Abs. 4 UmwStG 2002 (jetzt § 18 Abs. 3 UmwStG), § 35 EStG
Streitjahr 2002

Vorinstanz
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.05.2012, 14 K 2035/09

Fundstelle
BFH, Urteil vom 24.09.2015, IV R 30/13

Weitere Fundstelle
BFH, Urteil vom 10.08.2005, VIII R 78/02, BStBl II 2006, S. 58

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