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06.10.2016
Unternehmensteuer

BFH: Keine erweiterte GewSt-Kürzung auf Ebene der Besitzgesellschaft bei vermögensverwaltender Betriebsgesellschaft

Verpachtet ein Einzelunternehmen seinen Grundbesitz im Rahmen einer Betriebsaufspaltung an eine Betriebs-Kapitalgesellschaft, kann es die erweiterte GewSt-Kürzung auch dann nicht in Anspruch nehmen, wenn die Betriebs-Kapitalgesellschaft vermögensverwaltend tätig ist und damit die Voraussetzungen für die erweiterte Kürzung erfüllt. Eine Merkmalsübertragung auf die Besitzgesellschaft kommt nicht in Betracht.

Sachverhalt

Die Klägerin verpachtet ein Grundstück an eine GmbH, deren Alleingesellschafterin sie ist. Die GmbH nutzte das Grundstück zunächst eigengewerblich und vermietete es später an Dritte zu gewerblichen Zwecken, wofür sie die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG in Anspruch nahm. Die Verpachtungstätigkeit der Klägerin wurde unstreitig als Betriebsaufspaltung behandelt. Die Klägerin begehrte für die Streitjahre 1989 bis 2005 die erweiterte GewSt-Kürzung. Nachdem das Finanzamt den Einspruch ablehnte, gab das FG der Klage statt.

Entscheidung

Das Besitz-Einzelunternehmen erfülle die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der erweiterten GewSt-Kürzung auch dann nicht, wenn die Betriebs-Kapitalgesellschaft vermögensverwaltend tätig sei. Auch eine „Merkmalsübertragung“ von der GmbH auf die Klägerin komme im Anwendungsbereich des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG nicht in Betracht.

Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung gem. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist auf Antrag zu gewähren, wenn ein Unternehmen ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwaltet und nutzt oder daneben Wohnungsbauten betreut oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichtet und veräußert.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung erfülle das Besitzunternehmen in Fällen der Betriebsaufspaltung die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung nicht. Entscheidend dafür sei, dass die personelle und sachliche Verflechtung den Rahmen der bloßen Vermögensverwaltung überschreite. Der BFH habe diesen Rechtssatz nicht nur in Bezug auf solche Sachverhalte ausgesprochen, in denen die  Betriebsgesellschaft originär gewerblich tätig war.

Das Besitzunternehmen könne die erweiterte Kürzung in Fällen der Betriebsaufspaltung nur dann in Anspruch nehmen, wenn es selbst die Rechtsform der Kapitalgesellschaft habe ("kapitalistische Betriebsaufspaltung") und die Anteile an der Betriebs-Kapitalgesellschaft nicht der Besitz-Kapitalgesellschaft als solcher, sondern deren Gesellschaftern zuzurechnen seien (BFH-Urteil vom 01.08.1979), weil ein Durchgriff durch die Kapitalgesellschaft grundsätzlich nicht zulässig sei. Anders verhalte es sich jedoch, wenn die Besitz-Kapitalgesellschaft selbst Inhaberin der Anteile an der Betriebs-Kapitalgesellschaft sei und als solche selbst die die Betriebsaufspaltung kennzeichnende Beherrschung ausübe. Hier komme die Gewährung der erweiterten Kürzung nicht in Betracht (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 28.01.2015).

Auch die Übertragung gewerbesteuerrechtlich günstiger Merkmale der Betriebs-Kapitalgesellschaft – selbst wenn diese die Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG erfüllt – komme bei der erweiterten Kürzung nicht in Betracht. Die zu einigen der Steuerbefreiungen des § 3 GewStG ergangene Rechtsprechung des BFH zur Übertragung von Merkmalen der Betriebsgesellschaft auf das Besitzunternehmen (so BFH-Urteil vom 29.03.2006 zu § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG, BFH-Urteil vom 19.10.2006 zu § 3 Nr. 6 GewStG und BFH-Urteil vom 20.08.2015 zu § 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG) könne nicht auf die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG übertragen werden. Denn mit diesen Entscheidungen sei keine grundlegende Neuausrichtung der systematischen Betrachtung des Instituts der Betriebsaufspaltung verbunden gewesen. Die im Anwendungsbereich der Steuerbefreiungen gemäß § 3 Nr. 6 sowie § 3 Nr. 20 Buchst. b, c GewStG vorgenommenen Merkmalsübertragungen seien mit den Besonderheiten und den Zwecksetzungen dieser Befreiungsvorschriften, nämlich der Verfolgung von besonderen außersteuerlichen Lenkungs- oder Subventionszwecken, begründet worden. Die erweiterte Kürzung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG unterscheide sich aber insofern in entscheidungserheblicher Weise von den genannten Regelungen des § 3 GewStG, als diese – nicht anders als § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG – als Fiskalzwecknorm anzusehen sei.

Betroffene Norm

§ 9 Nr. 1 S. 2 GewStG

Streitjahre 1989 bis 2005

Vorinstanz

FG München, Urteil vom 05.08.2014, 13 K 2280/11, EFG 2014, S. 2069

Fundstelle

BFH, Urteil vom 22.06.2016, X R 54/14, BStBl II 2017 Seite 529

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 28.01.2015, I R 20/14, siehe Deloitte Tax News

BFH, Urteil vom 01.08.1979, I R 111/78, BStBl. II 1980, S. 77

BFH, Urteil vom 29.03.2006, X R 59/00, BStBl II 2006, S. 661

BFH, Urteil vom 19.10.2006, IV R 22/02, BFHE 215, S. 268

BFH, Urteil vom 20.08.2015, IV R 26/13, BStBl II 2016, S. 408, siehe Deloitte Tax News

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