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14.07.2016
Unternehmensteuer

BFH: Kein Abzug ausländischer Steuern in Missbrauchsfällen

Sind einem Steuerpflichtigen Gewinnausschüttungen einer GmbH zuzurechnen, da eine zwischen ihm und der GmbH bestehende Beteiligungskonstruktion über ausländische Gesellschaften als Gestaltungsmissbrauch anzusehen ist, kann er die von einer zwischengeschalteten Auslandsgesellschaft im Ausland gezahlte Dividendensteuer nicht von seinen Einkünften abziehen.

Sachverhalt

Der unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Kläger war im Streitjahr 1999 unmittelbar zu 25% und mittelbar zu 55% an der A-GmbH als geschäftsführender Gesellschafter beteiligt. Die mittelbare Beteiligung wurde über die F-Ltd. gehalten, an der der Kläger zu 100% beteiligt war. Die F-Ltd. hielt ihrerseits alle Anteile an der B-N.V., welche wiederum zu 100% an der V-B.V. beteiligt war. Die V-B.V. hielt 55% der Anteile an der A-GmbH. Die Gewinnausschüttungen der A-GmbH wurden über die V-B.V. und die B-N.V. an die F-Ltd. durchgereicht. Für die Gewinnausschüttung der V-B.V. an die B-N.V. fiel in den Niederlanden eine Dividendensteuer an, die von der V-B.V. gezahlt wurde.

Zwischen den Verfahrensbeteiligten war unstreitig, dass die Beteiligungskonstruktion als Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO anzusehen war, so dass eine von der A-GmbH gezahlte Bruttodividende unstreitig direkt dem Kläger als Einkünfte aus Kapitalvermögen zugerechnet und von der A-GmbH abgeführte Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer angerechnet wurde. Ebenfalls stand nicht im Streit, dass die Anrechnung der von der V-B.V. gezahlten niederländischen Dividendensteuer gemäß § 34c Abs. 1 EStG nicht möglich ist.

Streitig war hingegen, ob der Abzugstatbestand des § 34c Abs. 3 EStG erfüllt ist.

Entscheidung

Das FG habe zurecht entschieden, dass der Abzugstatbestand des § 34c Abs. 3 EStG nicht erfüllt ist.

Nach § 34c Abs. 3 EStG ist bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, bei denen eine ausländische Steuer vom Einkommen u.a. deshalb nicht nach Abs. 1 angerechnet werden kann, weil keine ausländischen Einkünfte vorliegen, die festgesetzte und gezahlte und keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegende ausländische Steuer bei der Ermittlung der Einkünfte abzuziehen, soweit sie auf Einkünfte entfällt, die der deutschen Einkommensteuer unterliegen.

Gemäß dem Zweck des § 34c EStG, die Doppelbesteuerung im juristischen Sinne zu vermeiden, müsse der inländische Steuerpflichtige jedoch identisch mit derjenigen Person sein, die im Ausland hinsichtlich desselben Steuerobjekts zu einer der inländischen Steuer vergleichbaren Steuer herangezogen wird (BFH-Urteil vom 05.02.1992, I R 9/90). An dieser Subjektidentität fehle es allerdings im Streitfall, weil die V-B.V. als selbständige Rechtsperson – und nicht der mittelbar an ihr beteiligte Kläger (Trennungsprinzip) – die niederländische Dividendensteuer gezahlt hat.

Es sei in der konkreten streitgegenständlichen Konstellation keine Ausnahme vom Grundsatz der Steuersubjektidentität zu machen. Der VIII. Senat des BFH habe zu der mit § 42 S. 2 AO a.F. (aktuell § 42 Abs. 1 S. 3 AO) vergleichbaren Vorschrift des § 6 Abs. 2 StAnpG 1934 entscheidend auf das Merkmal der Steuersubjektidentität abgestellt und dem inländischen Steuerpflichtigen, der ausländische Basisgesellschaften in rechtsmissbräuchlicher Weise eingeschaltet hatte, die Anrechnung verweigert (BFH-Urteil vom 24.02.1976, VIII R 155/71). Dem schließe sich der erkennende I. Senat des BFH – entgegen dem überwiegenden Schrifttum – an.

Auch könne aus der vom Kläger verlangten „konsequenten Anwendung von § 42 AO“ kein Abzug der ausländischen Steuern folgen. Die Versagung des Abzugs sei vielmehr geboten, um den Steueranspruch so entstehen zu lassen, wie der Steueranspruch bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht (§ 42 S. 2 AO a.F.). Die Rechtsfolgenanordnung des § 42 S. 2 AO a.F. verhindere zwar den durch die unangemessene Gestaltung begehrten Umgehungserfolg, indem die angemessene Gestaltung (also die unmittelbare Beteiligung des Klägers an der A-GmbH und der Einnahmenzufluss an ihn) fingiert und die tatsächlich gewählte Gestaltung (also die unmittelbare Beteiligung der V-B.V. an der A-GmbH und der Einnahmenzufluss an die V-B.V.) ignoriert wird. Eine über die Vereitelung des konkret erstrebten Umgehungserfolgs hinausgehende Fiktionswirkung komme dem § 42 AO a.F. allerdings nicht zu. Insbesondere lasse dessen Rechtsfolgeanordnung die Existenz der ausländischen Gesellschaften und deren allgemeine steuerliche Anerkennung unberührt (BFH-Urteil vom 10.06.1992, I R 105/89). § 42 AO a.F. biete damit keine Grundlage dafür, den Kläger hinsichtlich anderer als der umgangenen Besteuerungsmerkmale gewissermaßen "generell" an die Stelle der V-B.V. zu setzen. Damit sei die V-B.V., nicht aber der Kläger zu einer ausländischen Steuer i.S.d. § 34c EStG herangezogen worden.

Selbst wenn man eine weitergehende (Voll-)Fiktion des Sachverhalts der Besteuerung zugrunde legen und die Existenz der Auslandsgesellschaften ignorieren würde, wäre es nicht gerechtfertigt, dem Kläger den Abzug der niederländischen Steuer zu gewähren, da diese bei einer angemessen Gestaltung nicht angefallen wäre. Ob in anderen „Missbrauchskonstellationen“, in denen ausländische Steuer auch bei einer angemessenen Gestaltung angefallen wäre, ein Abzug gemäß § 34c Abs. 3 EStG in Betracht kommt, sei vorliegend mangels Entscheidungserheblichkeit nicht zu entscheiden.

Neben der im Streitfall fehlenden Steuersubjektidentität scheitere der begehrte Abzug gemäß § 34c Abs. 3 EStG im Übrigen auch daran, dass die niederländische Dividendensteuer nicht auf diejenigen Einkünfte entfällt, die der deutschen Einkommensteuer unterliegen. Die deutsche Steuer entstehe gemäß § 42 AO a.F. auf die Ausschüttung der GmbH an den Kläger, die niederländische Steuer laste allerdings auf den Gewinnausschüttungen, die die B-N.V. von der V-B.V. erhält.

Betroffene Norm
§ 34c Abs. 3 EStG, § 42 AO S. 2 a.F. (aktuell § 42 Abs. 1 S. 3 AO)
Streitjahr 1999

Vorinstanz
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 21.05.2014, 2 K 216/12

Fundstelle
BFH, Urteil vom 02.03.2016, I R 73/14
Pressemitteilung Nr. 49/16 vom 13.7.2016

Weitere Fundstellen
BFH-Urteil vom 05.02.1992, I R 9/90, BStBl. II 1992, S. 607
BFH-Urteil vom 24.02.1976, VIII R 155/71, BStBl. II 1977, S. 265

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