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25.02.2011
Private Einkommensteuer

FG Münster: Halbabzugsverbot für Veräußerungsverluste

Sachverhalt

Die Klägerin veräußerte mit Vertrag vom 27.12.2002 ihre GmbH-Beteiligung und machte in der Einkommensteuererklärung 2002 einen Veräußerungsverlust in voller Höhe (23.000 Euro) geltend gemäß § 17 EStG (Anschaffungskosten abzgl. Veräußerungserlöse). Das Finanzamt berücksichtigte unter Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens lediglich einen Verlust von 11.500 Euro. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos.

Entscheidung

Das Finanzamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass auf den von der Klägerin realisierten Veräußerungsverlust von 23.000 Euro das Halbeinkünfteverfahren anzuwenden ist mit der Folge, dass der Verlust steuerlich nur zur Hälfte berücksichtigungsfähig ist ( § 17 Abs. 1, 2 EStG iVm §§ 3 Nr. 40, 3c Absatz 2 EStG).

Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war. Im Streitfall ist der Veräußerungspreis von insgesamt 2.000 Euro lediglich in Höhe von 1.000 Euro steuerpflichtig (§ 3 Nr. 40 Buchst. c EStG). Die Anschaffungskosten der veräußerten Anteile betragen insgesamt 25.000 Euro und sind lediglich in Höhe von 12.500 Euro abzuziehen (§ 3c Abs. 2 Satz 1 EStG). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den BFH-Urteilen vom 25.06.2009, 14.07.2009 sowie dem BFH-Beschluss vom 18.03.2010. In diesen Entscheidungen hat der BFH streng nach dem Wortlaut des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG lediglich entschieden, dass das Halbabzugsverbot zumindest dann nicht anzuwenden sei, wenn dem Steuerpflichtigen keine nach § 3 Nr. 40 EStG steuerfreien Einnahmen zuflössen, denn der wirtschaftliche Zusammenhang mit lediglich zur Hälfte anzusetzenden Einnahmen fehle. Der Erwerbsaufwand sei dann in vollem Umfang abziehbar. Dies entspreche dem Gesetzeszweck des Halbabzugsverbots, eine Doppelbegünstigung auszuschließen.

Ein solcher Fall ist vorliegend jedoch nicht gegeben, denn die Klägerin hat Einnahmen (Veräußerungspreise) erhalten. Mit dem Zufluss dieser zur Hälfte steuerfreien Einnahmen ist das Halbabzugsverbot auf die Anschaffungskosten i. S. des § 3c Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz EStG anzuwenden. Eine Bagatellgrenze enthält das Gesetz nicht, eine verhältnismäßige Aufteilung ist nach dem Gesetzeswortlaut nicht möglich.

Die Anwendung des in § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG geregelten Halbabzugsverbot verstößt bei den hier zu beurteilenden Einnahmen nicht gegen die Verfassung. Dass sich die bei erzielten Wertsteigerungen für den Steuerpflichtigen günstige Regelung in Verlustfällen ungünstig auswirkt, ist auf Grund der unter dem Gesichtspunkt der Vereinfachung bestehenden Typisierungs- und Pauschalierungsbefugnis des Gesetzgebers nicht zu beanstanden. Auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgebotes des Art. 3 GG ist der Gesetzgeber nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen die verfassungsrechtlich gebotene Einkommensbesteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit vor. Verfassungsrechtlich ist der Gesetzgeber nicht gehalten, Verluste, die aus der Veräußerung einer im Privatvermögen gehaltenen Beteiligung resultieren, steuerlich in vollem Umfang zu berücksichtigen (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 09.07.2010).

Das Revisionsverfahren ist vor dem BFH anhängig: IX R 4/11.

Betroffene Norm

§ 17 EStG, § 3 Nr. 40 Buchst. c EStG, § 3c Abs. 2 EStG
Streitjahr 2002

Fundstelle

Finanzgericht Münster, Urteil vom 15.12.2010, 10 K 2061/05 E, BFH-anhängig: IX R 4/11

Weitere Fundstellen

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 09.07.2010, 1 K 337/07 E, Revision anhängig: IX R 49/10
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 14.04.2010, 2 K 2190/07 F, Revision anhängig: IX R 31/10, siehe ausführlicher in den Deloitte Tax-News 
BFH, Urteil vom 25.06.2009, IX R 42/08, BStBl II 2010, S. 220, siehe Zusammenfassung in den Deloitte Tax-News 
BFH, Urteil vom 14.07.2009, IX R 8/09, BFH/NV 2010, S. 399
BFH, Beschluss vom 18.03.2010, IX B 227/09, BStBl II 2010, S. 627, siehe ausführlicher in den Deloitte Tax-News

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