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18.11.2011
Private Einkommensteuer

BFH: Privates Veräußerungsgeschäft eines zwischenzeitlich im Betriebsvermögen gehaltenen Grundstücks

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarb im Mai 1997 ein Hausgrundstück und übertrug es im März 2000 unentgeltlich auf seine Ehefrau (Klägerin). Die Klägerin legte zum 01.05.2003 das Obergeschoss (49,48 % des Gebäudes) in ihr Betriebsvermögen ein, entnahm es zum 30.11.2004 wieder aus ihrem Betriebsvermögen und überführte es in ihr Privatvermögen. Mit Vertrag aus November 2006 wurde das Obergeschoss veräußert. In der Steuererklärung für das Streitjahr (2006) erklärten die Kläger einen Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft in Höhe von 3.605 Euro. Das Finanzamt berücksichtigte dagegen einen höheren Gewinn. Es hat die Einlage des Obergeschosses in das Betriebsvermögen sowie seine Entnahme nicht als Veräußerung beurteilt und den Gewinn aus dem Veräußerungsgeschäft um die Wertveränderungen korrigiert, die im betrieblichen Bereich erfasst worden sind. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Entscheidung

Das FG hat den Gewinn der Klägerin zutreffend gemäß § 23 Abs. 1, 3 EStG bestimmt und zu Recht die Einlage des streitbefangenen Obergeschosses in das Betriebsvermögen der Klägerin zum 01.05.2003 sowie seine Entnahme zum 30.11.2004 nicht als Veräußerung beurteilt.

Private Veräußerungsgeschäfte sind Veräußerungsgeschäfte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung bei Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten nicht mehr als zehn Jahre beträgt (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 7, § 22 Nr. 2 EStG, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG). Im Streitfall liegen zwischen der Anschaffung im Mai 1997 und der Veräußerung im November 2006 weniger als zehn Jahre.

Nach dem Gesetzeswortlaut stellen die Einlage in das Betriebsvermögen eines Einzelunternehmers (hier die Einlage in das Betriebsvermögen der Klägerin zum 01.05.2003) sowie die Entnahme (im Streitfall zum 30.11.2004) mangels Rechtsträgerwechsel keine Veräußerungen dar (so BMF-Schreiben vom 05.10.2000, Tz. 2, 5 und 35). Als Veräußerung gilt zwar auch die Einlage eines Wirtschaftsguts in das Betriebsvermögen, wenn die Veräußerung aus dem Betriebsvermögen innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren seit Anschaffung des Wirtschaftsguts erfolgt (Veräußerungsfiktion § 23 Abs. 1 S. 5 Nr. 1 EStG). Es sollen nicht nur die im betrieblichen Bereich entstandenen stillen Reserven, sondern auch die vorher im Zeitraum zwischen Anschaffung und Einlage entstandenen Wertveränderungen (insoweit über § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG) erfasst werden. Diese Fiktion entfaltet im Streitfall aber keine Wirkung, da keine Veräußerung aus dem Betriebsvermögen erfolgt ist. Die ursprüngliche tatsächliche Anschaffung des Jahres 1997 wirkt fort. Entsprechend sind die ursprünglichen Anschaffungskosten zugrunde zu legen und der Gewinn aus dem privaten Veräußerungsgeschäft ist um den im Betriebsvermögen zu erfassenden Gewinn zu korrigieren (vgl. BMF-Schreiben vom 05.10.2000, Tz 35). Allein diese - wortlautkonforme - Auslegung stellt sicher, dass - wie es die Zwecksetzung von § 23 Abs. 1 EStG verlangt - alle zwischen Anschaffung und Veräußerung im Privatvermögen entstandenen stillen Reserven erfasst werden. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Ermittlung des streitigen Veräußerungsgewinns durch das FG als Unterschied zwischen dem Veräußerungspreis einerseits und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten andererseits nicht zu beanstanden (§ 23 Abs. 3 S. 1, 4 EStG).

Zutreffend hat das FG den Gewinn aus dem Veräußerungsgeschäft auch um die Wertveränderungen korrigiert, die im betrieblichen Bereich erfasst worden sind. Wird für die Zeit der Betriebsvermögenseigenschaft des Objekts ein Gewinn versteuert, weil der Teilwert im Zeitpunkt der Entnahme den Teilwert der Einlage übersteigt, so gehört dieser Gewinn nicht in den Anwendungsbereich der privaten Veräußerungsgeschäfte (§ 23 EStG), weil er nicht auf den Zeitraum entfällt, in dem das Objekt im Privatvermögen war.

Betroffene Norm

§ 23 Abs. 1, 3 EStG
Streitjahr 2006

Vorinstanz

Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 26.10.2010, 12 K 266/09, EFG 2011, S. 636

Fundstelle

BFH, Urteil vom 23.08.2011, IX R 66/10

Weitere Fundstellen

BMF, Schreiben vom 05.10.2000, IV C 3 - S 2256 - 263/00, BStBl I 2000, S. 1383

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