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15.04.2011
Private Einkommensteuer

BFH: Nachträgliche Anschaffungskosten i.S.d. § 17 EStG

Sachverhalt

Eine natürliche Person (Kläger) hielt eine wesentliche GmbH-Beteiligung in seinem Privatvermögen. Im Jahre 1995 gewährte der Kläger der GmbH ein attraktives Darlehen, das durch eine Grundschuld gesichert wurde. Weitere Gesellschafter verpflichteten sich gegenüber der GmbH, als Bürgen für das Darlehen des Klägers einzustehen. Im Jahr 2000 konnte der Kläger die Bürgen zum Teil in Anspruch nehmen.

Als die GmbH bereits deutlich überschuldet war, haben der Kläger und seine Mitgesellschafter im Jahre 2000 bei der Sparkasse K Darlehen aufgenommen, um einen Überziehungskredit der GmbH bei der Sparkasse G abzulösen. Zu Gunsten der Darlehen der anderen Gesellschafter verpfändete der Kläger sein Wertpapierdepot der Sparkasse K. Dieses Darlehen aus dem Jahre 2000 wurde nicht zurückgezahlt. Darüber hinaus wurde das Wertpapierdepot des Klägers wegen des Ausfalls einiger Mitgesellschafter von der Sparkasse K in Anspruch genommen.

Streitig war die Beurteilung seines Darlehensverlusts und seiner Aufwendungen für die Verpfändung des Wertpapierdepots als nachträgliche Anschaffungskosten der GmbH-Beteiligung.

Entscheidung

Zutreffend hat das FG Düsseldorf den Verlust des Darlehens aus dem Jahr 1995 sowie die Aufwendungen des Klägers aufgrund der Verpfändung seines Wertpapierdepots nicht als nachträgliche Anschaffungskosten bei seiner GmbH-Beteiligung beurteilt.

Nach § 17 Abs. 1 und 4 EStG gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch ein Verlust aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft. Dieser ergibt sich, soweit die Anschaffungskosten den gemeinen Wert des dem Steuerpflichtigen zugeteilten Vermögens der Kapitalgesellschaft übersteigen (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Urteil vom 09.06.2010). Zu den nachträglichen Anschaffungskosten einer Beteiligung zählen Finanzierungshilfen und Finanzierungsmaßnahmen, sofern der Gesellschafter der Gesellschaft in der Krise ein Darlehen gewährt und diese Finanzierungsmaßnahmen eigenkapitalersetzenden Charakter haben (funktionelles Eigenkapital).

Nach den Maßstäben des FG Düsseldorf ist das im Jahre 1995 hingegebene Darlehen zutreffend nicht als funktionelles Eigenkapital beurteilt. Die GmbH befand sich im Zeitpunkt der Darlehensgewährung noch nicht in einer Krise. Ebenso ist das Darlehen nicht als „krisenbestimmtes Darlehen“ oder „Finanzplandarlehen“ zu beurteilen. Hierbei ist eine Situation bezeichnet, in der die Darlehensgewährung in die Finanzplanung der Gesellschaft derart einbezogen wird, dass die notwendige Kapitalausstattung zur Aufnahme der Geschäfte erreicht werden soll. Der Bestimmung nach soll das Darlehen auch in der Krise der Gesellschaft stehengelassen werden und darf nicht einseitig durch den Gesellschafter kündbar sein (zum Vorstehenden u.a. BFH-Urteil vom 23.06.2010). Im Streitfall verhält es sich nicht so. Nach der Feststellung des FG Düsseldorf handelt es sich um ein Darlehen, das vom Kläger nach einer gewissen Frist jederzeit gekündigt werden konnte. Die außerordentlichen Kündigungsgründe, die attraktive Verzinsung und die Stellung der Sicherheiten (Grundpfandrecht, Bürgschaft) unterstützen diese Würdigung des FG Düsseldorf. Der Verlust des im Jahre 1995 hingegebenen Darlehens führt somit nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten der GmbH-Beteiligung.

Die Aufwendungen aufgrund der Inanspruchnahme aus der Verpfändung des Wertpapierdepots zu Gunsten der Mitgesellschafter sind ebenfalls nicht als nachträgliche Anschaffungskosten zu behandeln. Die Finanzierungshilfe wurde nicht der GmbH gegeben. Zur Qualifizierung als funktionelles Eigenkapital kommt nur eine Rechtshandlung des Klägers in Betracht, die wirtschaftlich einer Darlehensgewährung entsprechen muss. Der BFH hatte in einem Fall eine einem Darlehen vergleichbare Rechtshandlung darin gesehen, dass der Gesellschafter nach seiner Inanspruchnahme aus der Bürgschaft einen Aufwendungsersatzanspruch gegen die GmbH nicht geltend macht und in der Liquidation mit ihm ausfällt (BFH-Urteil vom 04.03.2008). So verhält es sich im Streitfall nicht. Die Forderungen der Bank aus dem Darlehensvertrag mit den Gesellschaftern sind durch die Ausübung des Pfandrechts auf ihn übergegangen. Trotz fehlender Befriedigung bei den Mitgesellschaftern hat er nicht ohne Weiteres einen Aufwendungsersatzanspruch gegenüber der GmbH. Vielmehr handelte er im Interesse der Mitgesellschafter. Ihm steht daher kein Erstattungsanspruch gegenüber der GmbH zu. Die Aufwendungen aufgrund der Inanspruchnahme aus der Verpfändung des Wertpapierdepots führen deshalb nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten der GmbH-Beteiligung.

Bei dem Darlehen aus dem Jahr 2000 handelt es sich um ein Darlehen, das der Kläger und seine Mitgesellschafter aufgenommen hatten, um den Überziehungskredit der GmbH bei der Sparkasse G zurückzuführen. Da der Kläger gegenüber der Sparkasse G als Bürge für die Verbindlichkeiten der GmbH einzustehen hatte, handelt es sich hierbei nicht um einen Anspruch des Klägers aus seinem Darlehensverhältnis mit der GmbH, sondern um den auf ihn übergegangenen Anspruch der Sparkasse G gegenüber der GmbH. Für die Frage, ob der Ausfall des Klägers mit dieser Forderung dem Eigenkapitalersatzrecht unterliegt und damit zu nachträglichen Anschaffungskosten gehört, kommt es darauf an, ob der Kläger die Bürgschaft bereits in der Krise übernommen hatte oder sie für den Fall der Krise bestimmt war. Das FG Düsseldorf hat keine Feststellung dazu getroffen, ob sich die GmbH zu der Zeit, in der die Gesellschafter gegenüber der Sparkasse G die Bürgschaft übernommen hatten, in der Krise befand. Diese Feststellungen hat das FG in einer erneuten Verhandlung und Entscheidung nachzuholen.

Betroffene Norm

§§ 17 Abs. 1, Abs. 4 EStG
Streitjahr 2001

Vorinstanz

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 28.01.2010, 16 K 1393/07-F, EFG 2010, S. 859, siehe ausführlicher in den Deloitte Tax-News

Fundstelle

BFH, Urteil vom 07.12.2010, IX R 16/10, nicht veröffentlicht

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 09.06.2010, IX R 52/09, siehe ausführlicher in den Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 04.03.2008, IX R 80/06, BStBl II 2008, S. 577
BFH, Urteil vom 23.06.2010, I R 37/09, BStBl II 2010, S. 895, siehe ausführlicher in den Deloitte Tax-News

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