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19.12.2012
Private Einkommensteuer

BFH: Halbeinkünfteverfahren im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen

Sachverhalt

Der Kläger erklärte für die Streitjahre 2004 und 2005 u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus seiner Beteiligung an einer KG. Die KG hielt Geschäftsanteile an der S-GmbH (GmbH), für deren Erwerb sie Finanzierungskosten als Betriebsausgaben geltend gemacht hatte. Das Finanzamt hat in den entsprechenden Feststellungsbescheiden für den Kläger die Einkünfte aus Gewerbebetrieb „brutto“ und die in diesen Einkünften enthaltenen laufenden Einkünfte, die unter §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG, § 4 Abs. 7 UmwStG fallen zu 100 % ausgewiesen. Der konkrete „Nettobetrag“ der Einkünfte (d.h. nach Anwendung der §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG) wurde nicht ausdrücklich ausgewiesen.

Streitig ist, ob auf Ebene des Gesellschafters (Klägers) das Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren anzuwenden ist, wenn die Einkünfte nach der Bruttomethode festgestellt wurden. Zudem machte der Kläger die Verfassungswidrigkeit des Abzugsverbots des § 3c Abs. 2 EStG geltend.

Entscheidung

Das FG hat im Streitfall zu Recht die Anwendbarkeit des § 3c Abs. 2 EStG auf Ebene des Gesellschafters für den Fall der Feststellung der Einkünfte nach der Bruttomethode bejaht.

Die Bindungswirkung verpflichtet das für den Erlass eines Folgebescheids zuständige Finanzamt, den Grundlagenbescheid umzusetzen (§ 182 Abs. 1 S. 1 AO). Zu den Grundlagenbescheiden zählen auch die Feststellungsbescheide (§ 171 Abs. 10 S. 1, § 179 Abs. 1 und Abs. 2 S. 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO). Die Bindung an den Feststellungsbescheid schließt es aus, über einen Sachverhalt, über den im Feststellungsverfahren entschieden worden ist, im Folgeverfahren in einem damit unvereinbaren Sinne anders zu entscheiden. Die Bindungswirkung von Feststellungsbescheiden bestimmt sich nach deren Verfügungssätzen. Maßgeblich ist, in welchem Umfang und mit welchem Inhalt die Behörde Besteuerungsgrundlagen in den Tenor der Verwaltungsakte aufgenommen hat. Für die hiernach erforderliche Abgrenzung zwischen den bindenden Verfügungssätzen und deren (bloßer) Begründung bedarf es der Auslegung des Feststellungsbescheids. Hierbei ist entsprechend § 133 BGB darauf abzustellen, wie ein verständiger Empfänger nach den ihm bekannten Umständen den Bescheid unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste (vgl. z.B. BFH vom 08.11.2005).

Im Streitfall wurden in den Feststellungsbescheiden die Einkünfte des Klägers in der Höhe festgestellt, in der sie durch das Finanzamt in die Einkommensteuerbescheide übernommen wurden, auch wenn der konkrete Betrag nicht ausdrücklich ausgewiesen worden war. Es ist für die Feststellung der Einkünfte ausreichend, wenn sich ihre Höhe durch einen zusätzlichen Rechenschritt – nämlich durch Anwendung der §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG (bzw. § 8b KStG) und der entsprechenden Subtraktion bzw. Addition des Ergebnisses von bzw. zu den "brutto" festgestellten Einkünften aus Gewerbebetrieb – ergibt. Denn insoweit sind alle für die Errechnung des "Nettobetrages" der Einkünfte notwendigen Faktoren festgestellt.

Für die Auffassung der Kläger, es sei nicht erkennbar gewesen, dass in den Einkünften aus Gewerbebetrieb bestimmte nicht abziehbare Beträge noch nicht hinzugerechnet worden seien, bietet die Fassung der Feststellungsbescheide keinen Anhaltspunkt. Die in den Einkünften aus Gewerbebetrieb "enthaltene(n) laufende(n) Einkünfte, die unter §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG, § 4 Abs. 7 UmwStG fallen (100 %)", mussten aus Sicht eines verständigen Empfängers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben als Teil der bindenden Feststellungen aufgefasst werden. Dies ergibt sich maßgeblich aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Bescheide. Gegen die gewählte Feststellungsmethode, bei der die in den Einkünften aus Gewerbebetrieb enthaltenen laufenden Einkünfte, die unter §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG, § 4 Abs. 7 UmwStG fallen, ungeachtet der teilweisen Steuerbefreiung in Höhe von 100 % des maßgebenden Betrages in den Feststellungsbescheiden aufgeführt werden, bestehen keine rechtlichen Bedenken.

Im Übrigen schließt sich das FG der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. Urteil vom 19.06.2007) an, nach der es – entgegen der Auffassung des Klägers – keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Abzugsverbots nach § 3c Abs. 2 EStG gibt. Der BFH bestätigt diese Auffassung.

Betroffene Norm

§§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG
Streitjahre 2004 und 2005

Vorinstanz

Finanzgericht München, Urteil vom 29.07.2010, 15 K 3156/08, EFG 2010, S. 1887, siehe Deloitte Tax-News

Fundstelle

BFH, Urteil vom 18.07.2012, X R 28/10

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 08.11.2005, VIII R 11/02, BStBl. II 2006, S. 253
BFH, Urteil vom 19.06.2007, VIII R 69/05, BStBl. II 2008, S. 551

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