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05.07.2013
Private Einkommensteuer

BFH: Doppelte Haushaltsführung

Die Entfernungspauschale für eine wöchentliche Familienfahrt im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung kann aufwandsunabhängig in Anspruch genommen werden. Steuerfrei geleistete Reisekostenvergütungen und steuerfrei gewährte Freifahrten sind jedoch mindernd auf die Entfernungspauschale anzurechnen.

Sachverhalt

Der Kläger erzielte im Streitjahr 2007 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bei der DB Netz AG. In seiner Einkommenssteuererklärung machte er für das Streitjahr u.a. Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung für 48 Heimfahrten geltend. Dem war eine tabellarische Aufstellung der durchgeführten Familienheimfahrten beigefügt, aus der sich 11 Fahrten mit dem Pkw und 37 mit der Bahn ergaben. Das Finanzamt erkannte nur die Pkw-Fahrten an und ließ die übrigen unberücksichtigt.

Der dagegen vom Kläger erhobene Einspruch mit zeitgleicher Vorlage einer Abrechnungsbescheinigung seiner Arbeitgeberin für das Streitjahr, auf der für Familienfahrten ein steuerfrei belassener Betrag eingetragen war, wurde zurückgewiesen.

In der danach von ihm erhobenen Klage, wurde dem Kläger vom Finanzgericht nach § 79b Abs. 2 FGO aufgegeben, Nachweise bezüglich der Aufwendungen im Zusammenhang mit der Bahn vorzulegen und einen Ansprechpartner seiner Arbeitgeberin zu benennen.

Nach furchtlosem Fristablauf wurde die Klage vom Finanzgericht abgewiesen. Mangels entstandener Aufwendungen seien die vom Kläger geltend gemachten Werbungskosten für Familienfahrten nicht zu berücksichtigen.

Entscheidung

Das Urteil des Finanzgerichts ist aufzuheben und zur anderweitigem Verhandlung und Entscheidung an es zurückzuverweisen.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG 2007 können ihm Rahmen einer doppelten Haushaltsführung Aufwendungen für die Wege vom Beschäftigungsort zum Ort des eigenen Hausstands und zurück (Familienfahrten) jeweils für eine Familienfahrt wöchentlich als Werbungskosten abgezogen werden.

Die Entfernungspauschale in Höhe von 0,30 Euro pro Kilometer gilt unabhängig davon, wie die Familienheimfahrten durchgeführt werden und ob dafür überhaupt Kosten entstanden sind. Nach dem Wortlaut setzt die Norm zwar eigene Aufwendungen des Arbeitnehmers voraus, dies wird jedoch aus Vereinfachungsgründen gesetzlich unterstellt.

Zwar vermittle die Entfernungspauschale eine systemwidrige Begünstigung, da der Werbungskostenabzug des § 9 EStG üblicherweise Aufwendungen und eine Vermögensminderung voraussetze. Das Finanzgericht hat aber verkannt, dass die Entfernungspauschale durch umwelt- und verkehrspolitische Lenkungszwecke sowie aus Gründen der Steuervereinfachung gerechtfertigt ist, soweit sie noch als entfernungsabhängige Subvention wirkt.

Ziel der Entfernungspauschale ist es, die Chancengleichheit zwischen den Verkehrsträgern zu erhöhen, Bildung von Fahrgemeinschaften zu honorieren und als Steuervereinfachung zu dienen. Nachforschungen ob der Steuerpflichtige die Strecke alleine oder mit einer Fahrgemeinschaft zurückgelegt hat sind durch Einführung der verkehrsmittelunabhängigen Entfernungspauschale 2000 nicht mehr notwendig.

Die Vermutung des Finanzgerichts, dass der Gesetzgeber sich bei der Einführung der verkehrsmittelunabhängigen Entfernungspauschale in Bezug auf Fahrgemeinschaften davon habe leiten lassen, dass dem Mitfahrer und dem Fahrer dadurch Kosten entstehen, in dem sie sich beim Fahren Abwechseln oder an den Kosten beteiligen, geht fehl.

Auch die Systematik spricht für eine aufwandsunabhängige Auslegung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG, da der Gesetzgeber vermeintlich aufwandslose Fallgruppen durch gesetzliche Sonderregelungen trägt, wie zum Beispiel steuerfreie Sammelbeförderungen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 5 i.V.m. Nr. 4 Satz 3 EStG.

Das Finanzgericht wird im zweiten Rechtszug Feststellungen zur Anzahl der Familienheimfahrten und Arbeitgeberleistungen zu treffen haben, da steuerfrei geleistete Reisekostenvergütungen nach § 3 Nr. 16 EStG und steuerfreie Sachbezüge nach § 8 Abs. 3 EStG auf die Entfernungspauschale mindernd anzurechnen sind.

Betroffene Norm
§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG

Vorinstanz
Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 12.12.2011, 1 K 1228/09, EFG 2012, S. 1040

Fundstelle
BFH, Urteil vom 18.04.2013, VI R 29/12

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 11.05.2005, VI R 70/03, BStBl II 2005, S. 785
BVerfG, Urteil vom 09.12.2008, 2 BvL 1/07, BVerfGE 122, S. 210
BFH, Urteil 24.01.1975, VI R 147/72, BStBl II 1975, S. 561
BFH, Urteil 28.02.2013, VI R 33/11, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt

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