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10.02.2012
Private Einkommensteuer

BFH: AdV für Erstattungszinsen

Der BFH hat seine Rechtsprechung geändert und Erstattungszinsen nicht der Besteuerung unterworfen, soweit sie auf Steuern entfallen, die nicht abziehbar sind. Im JStG 2010 wurde daraufhin die Neuregelung geschaffen, dass Erstattungszinsen als Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen zu versteuern sind. Gegen diese Neufassung, die in allen noch nicht bestandskräftigen Fällen anzuwenden ist, liegen ernstliche Zweifel vor, so dass AdV gewährt wurde.

Sachverhalt

Dem Kläger sind im Veranlagungszeitraum 2008 Erstattungszinsen (§ 233a AO) zugeflossen. Bei der Festsetzung der Einkommensteuer 2008 hat das Finanzamt im Mai 2011 die Erstattungszinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen behandelt (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 3 EStG 2010). Gegen diese Festsetzung hat der Kläger Klage erhoben und Aussetzung der Vollziehung (AdV) beantragt. Das FG hat die AdV gewährt.

Entscheidung

Das FG hat zu Recht die Aussetzung der Vollziehung bewilligt.

In Änderung seiner Rechtsprechung hatte der BFH entschieden, dass Erstattungszinsen, die das Finanzamt an den Steuerpflichtigen zahlt, beim Empfänger nicht der Besteuerung zu unterwerfen sind, soweit sie auf Steuern entfallen, die nicht abziehbar sind (BFH-Urteil vom 15.06.2010). Der Gesetzgeber hat daraufhin mit dem JStG 2010 einen neuen Satz 3 in § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG eingefügt. Danach sind Erstattungszinsen im Sinne des § 233a AO Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG. Die Neuregelung ist nach § 52a Abs. 8 S. 2 EStG in allen Fällen anzuwenden, in denen die Steuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist. Die Gesetzesänderung ist am 14.12.2010 in Kraft getreten.

Nach der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Betrachtungsweise liegen ernstliche Zweifel gegen diese durch das JStG 2010 eingefügte Neufassung vor, die in allen noch nicht bestandskräftigen Fällen anzuwenden ist. Es werden sowohl einfachrechtliche als auch verfassungsrechtliche Bedenken, z.B. Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot, erhoben (vgl. z.B. FG Düsseldorf, Beschluss vom 05.09.2011 und FG Münster, Beschluss vom 27.10.2011). Demgegenüber wird die Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung und die Rechtmäßigkeit von deren Erstreckung auf noch "offene Altfälle" von Teilen der Rechtsprechung und des Schrifttums bejaht (vgl. z.B. FG Münster, Urteil vom 16.12.2010, BFH-anhängig: VIII R 1/11).

Der BFH hat über diese Fragen noch nicht entschieden. Die Senatsentscheidung vom 15.06.2010 trifft zu dieser Problematik keine Aussage und die zu der hier aufgeworfenen Frage beim BFH anhängigen Verfahren (VIII R 1/11 und VIII R 36/10) sind noch offen.

Insgesamt gesehen bedürfen diese umstrittenen und höchstrichterlich noch nicht endgültig geklärten Fragen weiterer eingehender Prüfung. Ihre abschließende Beurteilung muss jedoch dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Betroffene Norm

§ 233a AO, § 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 3 EStG 2010
Streitjahr 2008

Anmerkung

Mit Urteil vom 10.12.11.2013, VIII R 36/10 (siehe Deloitte Tax-News) hat der BFH entschieden, dass Erstattungszinsen steuerbare Einnahmen aus Kapitalvermögen sind. Die gesetzliche Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 3 EStG verstoße – auch im Hinblick auf die ihre rückwirkende Geltung – nicht gegen Verfassungsrecht. Zudem stellte der BFH klar, dass Erstattungszinsen keine außergewöhnlichen Einnahmen seien.

Vorinstanz

Finanzgericht Düsseldorf, Beschluss vom 05.09.2011, 1 V 2325/11 A(E)

Fundstelle

BFH, Beschluss vom 22.12.2011, VIII B 146/11, nicht amtlich veröffentlicht

Weitere Fundstellen

BFH, Beschluss vom 09.01.2012, VIII B 95/11, nicht amtlich veröffentlicht
Finanzgericht Münster, Urteil vom 16.12.2010, 5 K 3626/03 E, EFG 2011, S. 649, BFH-anhängig: VIII R 1/11, siehe Deloitte Tax-News 
Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 29.01.2010, 10 K 2720/09, EFG 2010, S. 723, Revision eingelegt, BFH VIII R 36/10, siehe Deloitte Tax-News 
BFH, Urteil vom 15.06.2010, VIII R 33/07, BStBl II 2011, S. 503, siehe Deloitte Tax-News 
Finanzgericht Düsseldorf, Beschluss vom 05.09.2011, 1 V 2325/11 A(E)
Finanzgericht Münster, Beschluss vom 27.10.2011, 2 V 913/11 E

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