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30.09.2011
Internationales Steuerrecht

FG Köln: Abschreibungsverbot und Schachtelstrafe bei Drittstaaten-Mehrheitsbeteiligungen

Sachverhalt

Die Klägerin war im Streitjahr 2001 mit 99,9 % an einer südamerikanischen Kapitalgesellschaft beteiligt und erhielt von dieser eine Dividende. Die Klägerin schrieb die Beteiligung in der Bilanz auf den niedrigeren Teilwert ab. Das Finanzamt erkannte die Teilwertabschreibung steuerlich nicht an (§ 8b Abs. 3 KStG) und behandelte 5 % der steuerfreien Dividende als nichtabzugsfähige Betriebsausgabe (§ 8b Abs. 5 KStG) mit der Begründung, die Anwendung des Abzugsverbots und der Schachtelstrafe auf Auslandsbeteiligungen sei zwar im Hinblick auf die EuGH-Entscheidung vom 22.01.2009 erheblich eingeschränkt. Bei Mehrheitsbeteiligungen an Kapitalgesellschaften aus Drittstaaten komme das Abzugsverbot im Veranlagungszeitraum 2001 aber weiterhin zur Anwendung.

Entscheidung

Die Klage ist begründet. Die von der Klägerin geltend gemachte Teilwertabschreibung ist gewinnmindernd zu berücksichtigen und die Dividende ist in voller Höhe als steuerfrei zu behandeln. Nach der neueren Rechtsprechung gilt der Ausschluss von gewinnmindernden Teilwertabschreibungen auf Auslandsbeteiligungen zwar bereits ab dem Veranlagungszeitraum 2001 (BFH-Urteile vom 08.06.2010 und 22.04.2009). Der Gewinn wäre somit um die geltend gemachte Teilwertabschreibung zu erhöhen (§ 8b Abs. 3 KStG). Wegen Verstoßes gegen vorrangiges primäres Gemeinschaftsrecht ist das Abzugsverbot vorliegend aber nicht anzuwenden. Aus dem gleichen Grund wurde der Gewinn der Klägerin auch zu Unrecht um 5 % der aus Südamerika bezogenen Dividenden erhöht.

Die Regelungen zum Abschreibungsverbot (§ 8b Abs. 3 KStG) als auch zur Schachtelstrafe (§ 8b Abs. 5 KStG) sind dem Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit zuzuordnen. Entgegen der Auffassung des Beklagten wird im vorliegenden Fall die Kapitalverkehrsfreiheit nicht aufgrund der Beteiligungshöhe von annähernd 100 % von der Niederlassungsfreiheit verdrängt. Der erkennende Senat ist deshalb der Auffassung, dass es sich auch für Drittlandsfälle keine Exklusivität der Niederlassungsfreiheit vor der Kapitalverkehrsfreiheit in Mehrheits- und Beherrschungsfällen ergibt, wenn die streitgegenständliche Vorschrift keine Mehrheit oder Beherrschung erfordert. Vielmehr sind dann Kapitalverkehrsfreiheit und Niederlassungsfreiheit nebeneinander anzuwenden mit der Folge, dass über den Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit auch Drittstaatenbeziehungen geschützt sind. Diese Auffassung steht in Einklang mit der BFH-Rechtsprechung zur Europarechtswidrigkeit der Regelung in § 8b Abs. 3 und 5 KStG im Jahr 2001 (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 08.06.2010 und 26.11.2008).

Die Klägerin hat akzeptiert, dass die ihr tatsächlich entstandenen Beteiligungsaufwendungen hinsichtlich der südamerikanischen Tochtergesellschaften nicht zum Betriebsausgabenabzug zugelassen sind, so dass über die Frage, ob ein Betriebsausgabenabzug nach § 3c Abs. 1 EStG i.V.m. § 8b Abs. 1 KStG bei der europarechtlich erzwungenen Nichtanwendung von § 8b Abs. 5 KStG wiederauflebt und subsidiär anzuwenden wäre, im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden ist.

Die Revision wird zugelassen, da die Entscheidung dem BMF-Schreiben vom 11.11.2010 entgegensteht.

Betroffene Norm

§ 8b Abs. 3 und 5 KStG, § 3c EStG, Art. 56 EG
Streitjahr 2001

Anmerkungen

Das FG Schleswig-Holstein sieht in der pauschalen Hinzurechnung von 5 % der steuerbefreit bezogenen Drittstaatendividenden ebenfalls einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit und hat anstelle der Pauschalierung die nach Maßgabe des § 3c EStG tatsächlich entstandenen niedrigeren Beteiligungsaufwendungen als nichtabzugsfähig behandelt. Das Verfahren ist vor dem BFH anhängig: I R 44/11 - siehe Beitrag in den Deloitte Tax-News.

Fundstelle

Finanzgericht Köln, Urteil vom 24.02.2011, 13 K 80/06, BFH-anhängig: I R 40/11

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 26.11.2008, I R 7/08, BFH/NV 2009, S. 632, IStR 2009, S. 244
BFH, Urteil vom 08.06.2010, I B 199/09, DStRE 2010, S. 1086
BFH, Urteil vom 22.04.2009, I R 57/06, BStBl II 2011, S. 66
EuGH, Urteil vom 22.01.2009, Rs. C-377/07 
BMF, Schreiben vom 11.11.2010, IV C 2 – S 2750/07/100006

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