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10.08.2017
Internationales Steuerrecht

FG Hamburg: DBA und deutsches Besteuerungsrecht

Ergibt sich die Nichtbesteuerung bereits unmittelbar aus dem Gesetz des anderen Staates, kann kein zusätzlicher Nachweis nach § 50d Abs. 8 EStG gefordert werden. Werden Einkünfte im anderen Staat allgemein – auch bei unbeschränkter Steuerpflicht – nicht besteuert, kommt eine Anwendung von § 50d Abs. 9 EStG nicht in Betracht.

Sachverhalt

Der Kläger erzielte im Streitjahr 2015 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit an Bord eines Seeschiffes. Arbeitgeberin war eine Gesellschaft, die ihren Sitz auf Zypern hatte, während das Schiff nicht auf Zypern registriert war. Der Kläger erklärte im Inland einen steuerfreien ausländischen Arbeitslohn. Das Finanzamt war (unter Hinweis auf § 50d Abs. 8, 9 EStG) der Ansicht, dass der Bruttoarbeitslohn der Besteuerung unterliegt. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg.

Entscheidung

Das Finanzamt habe die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit zu Unrecht der Besteuerung unterworfen. Diese Einkünfte unterlägen lediglich dem Progressionsvorbehalt.

Das uneingeschränkte Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit stehe nach Art. 14 Abs. 4 DBA-Zypern ausschließlich Zypern zu, da sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung nach dem vorliegenden Arbeitsvertrag auf Zypern befinde. Art. 14 Abs. 4 DBA-Zypern führe folglich zur Freistellung der Einkünfte, unabhängig davon, dass nach Art. 22 DBA-Zypern grundsätzlich die Anrechnungsmethode zur Anwendung gelange.

Ein Besteuerungsrecht Deutschlands ergebe sich auch nicht aus § 50d Abs. 8 EStG. Zwar habe der Kläger nicht den nach § 50d Abs. 8 EStG erforderlichen Nachweis erbracht. Ein solcher formeller Nachweis sei jedoch auch nicht erforderlich, da sich der Verzicht Zyperns auf sein Besteuerungsrecht bereits aus dessen nationalem Gesetz eindeutig ergebe. Nach der Rechtsprechung des BFH könne nämlich vom Steuerpflichtigen kein zusätzlicher Nachweis angefordert werden, wenn sich die Nichtbesteuerung bereits unmittelbar aus dem Gesetz des anderen Staates ergebe (vgl. BFH-Vorlagebeschluss vom 20.08.2014).

§ 50d Abs. 9 EStG sei ebenfalls nicht einschlägig. Nach Ansicht des BFH solle die Vorschrift nicht zur Anwendung kommen, wenn sich der andere Staat seines Besteuerungsrechts bewusst ist, dieser aber bewusst auf sein Besteuerungsrecht verzichtet (vgl. BFH-Urteil vom 05.03.2008).
Zwar lägen die Voraussetzungen von § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 2 EStG grundsätzlich dann vor, wenn die Einkünfte im anderen DBA-Staat allein mangels unbeschränkter Steuerpflicht nicht besteuert werden. Beruhe die Nichtbesteuerung jedoch darauf, dass der andere Staat die Einkünfte allgemein – auch bei unbeschränkt Steuerpflichtigen – nicht besteuert, sei die Vorschrift nicht anzuwenden. Dies gelte insbesondere dann, wenn die Einkünfte im anderen Staat unterhalb der Grenze liegen, die im anderen Staat zur Steuerpflicht führt.

Aus der Steuerbefreiung von Einkünften durch ein DBA folge nicht, dass die steuerfreien Einkünfte nicht bei der Ermittlung des Steuersatzeinkommens berücksichtigt werden dürften (vgl. BFH-Urteil vom 17.12.2003). Aus Art. 22 Abs. 2 DBA-Zypern ergebe sich ausdrücklich das Recht Deutschlands, die hier streitbefangenen Einkünfte in den Progressionsvorbehalt einzubeziehen.

Betroffene Normen

§ 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 2 EStG, § 50d Abs. 8 EStG
Streitjahr 2015

Anmerkung

Der BFH hat § 50d Abs. 9 EStG dem BVerfG mit Beschluss vom 20.08.2014 vorgelegt und das BVerfG hat noch nicht über die Verfassungswidrigkeit des § 50d Abs. 9 EStG entschieden. Das hier besprochene Verfahren wurde dennoch auf Antrag des Klägers nicht bis zur Entscheidung des BVerfG ausgesetzt.

Fundstelle

Finanzgericht Hamburg, Gerichtsbescheid vom 13.04.2017, 6 K 195/16; BFH-anhängig: I R 30/17

Weitere Fundstellen

BFH, Vorlagebeschluss vom 20.08.2014, I R 86/13, BVerfG-anhängig: 2 BvL 21/14, siehe Deloitte Tax News  
BFH, Urteil vom 05.03.2008, I R 54/07, BFH/NV 2008, S. 1487.
BFH, Urteil vom 17.12.2003, I R 14/02, BStBl. II 2004, S. 260.

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