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17.08.2015
Internationales Steuerrecht

BMF: Nachweis der tatsächlichen Höhe der Einkünfte bei intransparenten ausländischen Investmentfonds

Im Nachgang zur Entscheidung des EuGH in der Rechtssache „Wagner-Raith“ hat das BMF mit Schreiben vom 28.07.2015 die Möglichkeit des Nachweises der tatsächlichen Höhe der Einkünfte aus der Beteiligung an intransparenten ausländischen Investmentfonds auf EU-/EWR-Investmentfonds eingeschränkt. Die inhaltlichen Anforderungen an den Nachweis bleiben gegenüber dem BMF-Schreiben vom 04.02.2015 unverändert.

Hintergrund

Mit Urteil vom 09.10.2014 hat der EuGH in der Rechtssache „van Caster und van Caster“ (siehe Deloitte Tax-News) entschieden, dass die pauschale Besteuerung der Einkünfte aus intransparenten ausländischen Investmentfonds aufgrund der ab 2004 geltenden Regelung des § 6 InvStG gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt. Dem Steuerpflichtigen müsse die Möglichkeit eingeräumt werden, die tatsächliche Höhe seiner Einkünfte aus dem Investmentfonds nachzuweisen.

Im Schreiben vom 04.02.2015 hat das BMF die Anforderungen an diesen Nachweis bestimmt. Mit dem vorliegenden BMF-Schreiben vom 28.07.2015 hebt das BMF das Schreiben vom 04.02.2015 (siehe Deloitte Tax News vom 06.02.2015) wieder auf und beschränkt die Möglichkeit des Nachweises der tatsächliche Höhe der Einkünfte auf Beteiligungen an EU-/EWR Investmentfonds.

Verwaltungsanweisung

Das BMF stützt sich dabei auf das Urteil des EuGH in der Rechtssache „Wagner-Raith“ vom 21.05.2015. In dem vom EuGH entschiedenen Fall war eine unbeschränkt Steuerpflichtige an einem in einem Drittstaat ansässigen Investmentfonds beteiligt, welcher die Berichts- und Informationspflichten des für die fraglichen Zeiträume 1997 bis 2003 anwendbaren § 17 AuslInvestmG nicht erfüllte. Die Steuerpflichtige unterlag folglich der pauschalen Besteuerung nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG. Danach waren die Ausschüttungen sowie 90% des Mehrbetrags anzusetzen, der sich zwischen dem ersten und dem letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahme-/Börsenpreises eines ausländischen Investmentanteils ergab. Mindestens waren 10% des letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahme-/Börsenpreises anzusetzen. Im Fall der Rückgabe oder Veräußerung der ausländischen Investmentanteile oder der Abtretung der Ansprüche aus den Anteilen waren 20% des Entgelts für die Rückgabe, Veräußerung oder Abtretung anzusetzen.

Der BFH hatte in einem Vorabentscheidungsersuchen dem EuGH insbesondere die Frage vorgelegt, ob die Stillhalteklausel des Art. 64 AEUV einen Bestandsschutz hinsichtlich der Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit durch die Pauschalbesteuerung von Einkünften aus ausländischen Investmentfonds gewährt.

In seiner Entscheidung stellt der EuGH zunächst fest, dass auch die „Vorgängerregelung“ des § 6 InvStG, mithin § 18 Abs. 3 AuslInvestmG, grundsätzlich eine nach Art. 63 AEUV unzulässige Einschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit darstellt, die sowohl im Verhältnis der Mitgliedstaaten zueinander als auch im Verhältnis zu Drittstaaten unzulässig ist.

Der EuGH bejaht jedoch die Anwendbarkeit der sog. Stillhalteklausel des Art. 64 AEUV auf die Regelung des § 18 Abs. 3 AuslInvestmG. Art. 64 AEUV erlaubt die Fortgeltung von Regelungen, die zu Beschränkungen des Kapitalverkehrs im Verhältnis zu Drittstaaten führen, die unter anderem im Zusammenhang mit Direktinvestitionen und der Erbringung von Finanzdienstleistungen stehen und die bereits am 31.12.1993 im Recht eines Mitgliedstaats bzw. im EU-Recht bestanden haben.
 

Fazit

Nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung ist der – ohnehin nur mit erheblichem Aufwand zu führende – Nachweis der tatsächlichen Einkünfte aus intransparenten ausländischen Investmentfonds nicht mehr für Investmentfonds möglich, die außerhalb des EU-/EWR-Raums ansässig sind.

Vertritt man die Auffassung, dass die Stillhalteklausel des Art. 64 AEUV keine Anwendung auf die Pauschalbesteuerung nach § 6 InvStG findet und daher die im EuGH-Urteil „van Caster und van Caster“ festgestellte Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit auch in Drittstaatenfällen anwendbar bleibt, wird man dies durch die Finanzgerichte – und gegebenenfalls erneut durch den EuGH – im Klageweg klären lassen müssen.

Zudem sollte bei der Entscheidung über die Einlegung bzw. Aufrechterhaltung von Rechtsbehelfen beachtet werden, dass ein beim BFH (Az. VIII R 2/09 / GrS 2/13) anhängiges Verfahren zu der Frage, ob die pauschale Besteuerung nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG gegen deutsches Verfassungsrecht bzw. Gemeinschaftsrecht verstößt, bis zur Entscheidung des EuGH in der Sache Wagner-Raith ausgesetzt war. Dieses Verfahren wird nun wieder aufgenommen werden und die Frage der Verletzung innerstaatlichen Rechts beantwortet werden.

Betroffene Norm

§ 6 InvStG
§ 18 Abs. 3 AuslInvestmG

Fundstelle

BMF, Schreiben vom 28.07.2015, IV C 1 - S 1980-1/11/10014
BMF, Schreiben vom 04.02.2015, siehe Deloitte Tax-News

Weitere Fundstellen

BFH Urteil vom 28.07.2015, VIII R 2/09, BStBl II 2016 Seite 447

BFH Urteil vom 28.07.2015, VIII R 39/12, BStBl II 2016 Seite 464

EuGH, Urteil vom 09.10.2014, „van Caster und van Caster“ C-326/12

EuGH, Urteil vom 09.10.2014, „Wagner-Raith“ C560/13

Ihre Ansprechpartner

Alexander Wenzel
Partner

AlWenzel@deloitte.de
Tel.: 069 75695-6111

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