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03.07.2012
Indirekte Steuern/Zoll

Globale Versicherungsverträge in der Schusslinie: Erweiterte Versicherungsteuerpflicht für Verträge mit Nicht-EU/EWR-Versicherern wird geplant

Hintergrund

 
Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Verkehrsteueränderungsgesetzes veröffentlicht, der u.a. mit Wirkung ab dem 01.01.2013 einige Vorschriften des aktuellen Versicherungsteuergesetzes wesentlich ändern soll. Eine der wesentlichen Änderungen betrifft Versicherungsverträge, die mit Nicht-EU/EWR-Versicherern (Drittlandversicherern) abgeschlossen werden. Dies führt zu einer wesentlichen Erweiterung des Umfangs der deutschen Versicherungsteuerpflicht für solche Verträge. Als Folge der geplanten Änderung dürfte künftig die Mehrzahl der Versicherungsverträge, die deutsche Risiken abdecken und mit Drittlandversicherern abgeschlossen werden, der deutschen Versicherungsteuer (VersSt) i.H.v. 19 % unterliegen. Dies ist aktuell nicht der Fall. Ein Beispiel für die Erweiterung ist ein globaler Versicherungsvertrag mit einem Drittlandversicherer durch eine ausländische Konzerngesellschaft eines weltweiten Konzerns, der alle Konzerngesellschaften abdeckt, einschließlich der deutschen Tochtergesellschaften und Betriebsstätten.

Die geplante Neuregelung bringt einen zusätzlichen Steueraufwand und eine entsprechende zusätzliche Steuerhaftung mit sich, nicht nur für Versicherungsnehmer (Konzernmuttergesellschaften), sondern auch für die versicherten Einheiten eines Konzerns (Konzerntochtergesellschaften bzw. Betriebsstätten).

Überblick zu den geplanten Änderungen

Sofern die betreffende Versicherungsart nicht von der deutschen VersSt befreit ist, wird derzeit für Versicherungsverträge mit Drittlandversicherern die deutsche VersSt nur erhoben, wenn entweder der Versicherungsnehmer bei der Zahlung des Versicherungsentgeltes seinen Sitz bzw. Wohnsitz in Deutschland hat oder sich ein versicherter Gegenstand bei Vertragsabschluss in Deutschland befindet. Als „Gegenstand“ gelten nur körperliche Objekte; Vermögensschäden werden nicht von diesem Begriff erfasst. Dies hat zur Folge, dass sich zurzeit in vielen Fällen durch alternative Sachverhaltsgestaltungen deutsche VersSt dem Grunde nach vermeiden lässt, obwohl deutsche Risiken wirtschaftlich abgesichert sind, z.B. bei globalen Haftpflicht-, Betriebsunterbrechungs- oder Kreditversicherungsverträgen (Vermögensschadenversicherungen).

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass für Versicherungsverträge mit Drittlandversicherern der unmittelbare oder mittelbare Bezug des Versicherungsverhältnisses auf ein Unternehmen, eine Betriebsstätte oder eine sonstige Einrichtung in Deutschland als zusätzliches Tatbestandsmerkmal für die deutsche Versicherungsteuerpflicht eingeführt wird. Diese neue Konstellation erfasst insbesondere Fälle von Konzernversicherungen, durch die deutsche Tochtergesellschaften bzw. Betriebsstätten mitversichert werden. Dies hat zur Folge, dass auch Vermögensschadenversicherungen in Deutschland der VersSt unterliegen können, selbst wenn der Versicherungsnehmer keinen Sitz in Deutschland hat.

Auswirkungen für Versicherungsnehmer und die versicherten Parteien

  • Als Folge der deutschen VersSt werden Versicherungsverträge, die sich auf deutsche Konzernrisiken beziehen, teurer werden. Dies dürfte zu entsprechend erhöhten Umlagen innerhalb eines deutschen (Teil-)Konzerns führen. 
  • Sollte der Drittlandversicherer keine Betriebsstätte in der EU/EWR unterhalten, und hat der Versicherer keinen Bevollmächtigten mit Wohnsitz, Sitz oder Betriebsstätte in der EU/EWR zur Entgegennahme des Versicherungsentgelts bestellt, wird der (ausländische) Versicherungsnehmer für die Anmeldung und Abführung der deutschen VersSt an die deutsche Steuerbehörde zuständig sein (Steuerentrichtungsschuldner). 
  • Sollte der ausländische Versicherungsnehmer Steuerentrichtungsschuldner sein, haftet er auch für die deutsche VersSt und muss zudem Aufzeichnungen führen, die bestimmte Mindestangaben zum Versicherungsvertrag und seiner deutschen versicherungsteuerlichen Behandlung enthalten. 
  • Neben die Haftung der Konzernmuttergesellschaft tritt eine Haftung ihrer versicherten Tochtergesellschaften bzw. Betriebsstätten, denn (deutsche) versicherte Personen, die durch einen globalen Versicherungsvertrag Versicherungsschutz genießen, können ergänzend als Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden. Dies ermöglicht der deutschen Finanzverwaltung direkte Zugriffsmöglichkeiten auf die versicherten Personen also die deutschen Tochtergesellschaften bzw. Betriebsstätten. Dieser Personenkreis muss ebenfalls Aufzeichnungen führen, die bestimmte Mindestangaben zum Versicherungsvertrag und seiner deutschen versicherungsteuerlichen Behandlung enthalten.

Handlungsbedarf jetzt!

 
Für den Gesetzentwurf ist ein beschleunigtes Gesetzgebungsverfahren vorgesehen; der Entwurf liegt derzeit dem Bundesrat vor. (Hinweis: Bundesrat hat mittlerweile Stellung genommen siehe hierzu Deloitte Tax-News) Die eingangs dargestellten Änderungsvorschläge wurden bisher nicht gesondert kritisiert, vermutlich, weil sich die versicherungsteuerliche Behandlung von Drittlandversicherern nun der Behandlung von EU/EWR-Versicherern annähern würde. Es ist daher damit zu rechnen, dass die geplanten Neuregelungen ohne weitere Änderungen umgesetzt werden. Da die neuen Vorschriften mit Wirkung zum 01.01.2013 in Kraft treten sollen, kann die verbleibende Zeit genutzt werden, um den geänderten versicherungsteuerlichen Status der eigenen Verträge ebenso zu analysieren wie den künftig erforderlichen Compliance-Prozess für die deutsche VersSt.

Vor dem Hintergrund der erheblichen Auswirkungen der Neuregelung ist es unerlässlich, dass deutsche Tochtergesellschaften und Betriebsstätten, die durch einen globalen Versicherungsvertrag mit einem Drittlandversicherer als Mitversicherte Versicherungsschutz genießen, 

  • sich der genauen Konsequenzen für sich als Versicherte und für das verbundene ausländische Unternehmen als Versicherungsnehmer bewusst sind, 
  • ihre Umlageverträge daraufhin überprüfen, ob die darin enthaltenen deutschen Versicherungsprämien künftig der deutschen VersSt unterliegen, 
  • ihren Versicherungsschutz bzw. die globalen Versicherungsverträge des Konzerns überprüfen, um die potenziellen Auswirkungen für deutsche versicherungsteuerliche Zwecke festzustellen, die sich ab dem 01.01.2013 für sie ergeben, 
  • feststellen, ob eine zukünftige deutsche Versicherungsteuerbelastung durch alternative Versicherungsgestaltungen reduziert werden könnte, 
  • sicherstellen, dass im Falle einer zukünftigen deutschen Versicherungsteuerbelastung die relevanten internen Compliance-Prozesse sowohl in der Muttergesellschaft als auch in der deutschen Tochtergesellschaft bzw. Betriebsstätte implementiert werden, damit sich mögliche Haftungsfälle vermeiden lassen, insbesondere auf Ebene der deutschen versicherten Personen, 
  • überlegen, ob Compliance-Themen der deutschen VersSt externen Dritten übertragen werden sollten.

Wie wir unterstützen können?

    
Deloitte steht Ihnen gerne bei der Ermittlung des Handlungsbedarfs zur Seite, damit Sie die versicherungsteuerlichen Auswirkungen, welche sich für Sie ergeben, rechtzeitig identifizieren können, insbesondere die sich daraus ergebenden Compliance-Verpflichtungen. Als Dienstleistung können wir Ihnen anbieten:

  • Workshops, in denen die potenziellen zukünftigen Auswirkungen der geplanten Neuregelung für Versicherungsverträge mit Drittlandversicherern erläutert werden. 
  • Gap-Analysen von aktuellen und neuen globalen Versicherungsverträgen, die deutsche Risiken abdecken, um ihre zukünftige versicherungsteuerliche Behandlung sowie die sich daraus ergebenden Compliance-Verpflichtungen ab dem 01.01.2013 festzustellen. 
  • Analysen, ob alternative Versicherungsgestaltungen für Ihr Unternehmen aus deutscher Versicherungsteuersicht vom Vorteil sein könnten.

Fundstelle

Regierungsentwurf Verkehrsteueränderungsgesetz, BT-Drs. 17/10039
Bundesrat, Stellungnahme, BR-Drs. 301/12 (B), Zusammenfassung siehe Deloitte Tax-News

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