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23.11.2016
Indirekte Steuern/Zoll

FG Münster: Keine Steuerbefreiung für unechte Factoringleistungen

Gebühren für die Vorfinanzierung von ärztlichen Honorarforderungen stellen Entgelt für steuerpflichtige Umsätze und keine eigenständigen steuerfreien Umsätze aus Kreditgewährung dar

Sachverhalt

Die Klägerin stritt mit dem Finanzamt, ob von der Klägerin vereinnahmte sog. Gebühren für die Vorfinanzierung von ärztlichen Honorarforderungen als Entgelt für steuerfreie Leistungen zu behandeln sind.

Die Klägerin erwarb im Rahmen von Vorfinanzierungsverträgen von Ärzten Forderungen, die dieser gegenüber seinen Patienten hatte. Gegenstand des Unternehmens war insofern u.a. das Factoring von ärztlichen Privatliquidationen.

Im Rahmen eines Vorfinanzierungsmodells bot die Klägerin den Ärzten an, die Forderungen gegenüber den Patienten unverzüglich nach Eingang der Belege unter Abzug einer Bearbeitungsgebühr (Vorfinanzierungsgebühr) gut zu schreiben. Die abgetretenen Honorarforderungen machte die Klägerin gegenüber den Patienten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung geltend. Bei Forderungsausfall stand der Klägerin innerhalb von höchstens 90 Tagen ein Anspruch auf Rückabwicklung des Forderungsausfalls zu.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Vorfinanzierungsgebühren als Entgelt für steuerfreie Umsätze anzusehen seien. Sie finanziere die von ihr einzuziehenden Forderungen vor, wobei der Umfang dieser Vorfinanzierung durchschnittlich etwa 40% der Bearbeitungsgebühren betrage. Da diese Vorfinanzierung im Hinblick auf ihren Umfang somit keine untergeordnete Bedeutung habe, stelle sie eine eigenständige und gem. § 4 Nr. 8 Buchst. a) UStG steuerfreie Leistung dar.

Das Finanzamt vertrat demgegenüber die Ansicht, dass die Klägerin mit den streitgegenständlichen Vorfinanzierungsverträgen sog. unechte Factoring-Leistungen erbringe, die keine eigenständigen steuerfreien Umsätze aus Kreditgewährung gem. § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG darstellten. Zwar seien die Umsätze im Geschäft mit Forderungen nach § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG umsatzsteuerfrei, hiervon ausgenommen sei jedoch die im Streitfall vorliegende Einziehung von Forderungen (§ 4 Nr. 8 Buchst. c Halbsatz 2 UStG).

Entscheidung

Das FG München folgte der Argumentation des Finanzamts. Das FA hat die streitgegenständlichen Vorfinanzierungsgebühren zu Recht als Entgelt für steuerpflichtige Umsätze behandelt. Die von der Klägerin im Rahmen des Vorfinanzierungsvertragsmodells an ihre Kunden (Ärzte) erbrachten Leistungen stellen eine einheitliche steuerpflichtige Leistung dar. In der Zuwendung eines Liquiditätsvorteils an die Leistungsempfänger (Ärzte) gegen eine Vorfinanzierungsgebühr liegt keine selbständige Leistung in Form einer steuerfreien Kreditgewährung nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG.

Das FG München führt weiter aus, dass, selbst wenn man davon ausginge, dass in der strittigen Vorfinanzierung auch eine Kreditgewährung zu sehen ist, wäre diese jedoch nicht als eigene, nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG steuerfreie Leistung zu behandeln, sondern als unselbständiger Teil eines Leistungsbündels. Ihr käme umsatzsteuerrechtlich kein eigenes Gewicht zu.

Allerdings hat das FG München Revision gegen das Urteil zugelassen, da der Rechtssache grundlegende Bedeutung zukommt. Der BFH hatte mit Urteil vom 10.12.1981 entschieden, dass es sich beim unechten Factoring-Geschäft um eine Mehrheit von selbständigen Hauptleistungen handle, da keiner der aufgeführten Leistungen ein leistungsbestimmender Charakter beizumessen sei, demgegenüber alle übrigen Leistungen als unselbständige Nebenleistungen dieser Hauptleistung zurückträten, und demzufolge für die Kreditgewährung gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG. Der EuGH hat jedoch demgegenüber mit Urteil vom 26.06.2003 und damit zeitlich nachfolgend - wenngleich bezogen auf die Fragen des Vorliegens einer wirtschaftlichen Tätigkeit sowie einer nicht der Steuerbefreiung unterfallenden Einziehung von Forderungen bei echtem Factoring - entschieden, dass es keinen Grund gebe, der eine Ungleichbehandlung des echten und des unechten Factorings bei der Mehrwertsteuer rechtfertigen könne (EuGH-Urteil vom 26.06.2003 C-305/01, MKG, BStBl II 2004, 688, ECLI: EU: C: 2003: 377).

Insofern ist klärungsbedürftig, ob der BFH an seinen mit Urteil vom 10.12.1981 (Az. V R 75/76, BStBl II 1982, 200) für den Fall des unechten Factorings entwickelten Rechtsgrundsätzen im Hinblick auf das EuGH-Urteil vom 26.06.2003 (Az. C-305/01, MKG, BStBl II 2004, 688) noch festhält.

Betroffene Norm

§ 4 Nr. 8 Buch. a) UStG

Fundstelle

FG München, Urteil vom 31.08.2016 – 3 K 874/14

Weitere Fundstellen

EuGH, Urteil vom 26.06.2003 C-305/01
BFH, Urteil vom 10.12.1981 – V R 75/76

Ihre Ansprechpartner

Markus Lamm
Senior Manager

mlamm@deloitte.de
Tel.: 0211 8772-2205

Johannes Piskor
Consultant

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