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08.08.2016
Indirekte Steuern/Zoll

EuGH: Stichprobenergebnisse der Zollbehörden sind nicht zwangsläufig verbindlich für die Tarifierung von Waren

Die Ergebnisse einer von den Zollbehörden durchgeführten Stichprobe sind nicht zwangsläufig verbindlich für die Tarifierung der importierten Waren. Der EuGH hat in seinem Urteil C-233/15 (Oniors Bio) vom 28.04.2016 klargestellt, dass die Einreihung einer Ölmischung als „ungenießbar“ gerechtfertigt sein kann, obwohl die durch den Zoll gemachten Stichproben auf etwas anderes hinweisen.

Sachverhalt

Das Unternehmen Oniors Bio importierte eine Mischung von flüssigen, fetten pflanzlichen Ölen, roh, bestehend aus 88 % Rapsöl und 12 % Sonnenblumenöl. Die Pflanzenölmischung war laut Herstellerangaben nicht für die Verwendung in Lebensmitteln, sondern nur für technische Zwecke bestimmt. Aufgrund des bei der Herstellung der betreffenden Ölmischung verwendeten technologischen Verfahrens konnte nicht ausgeschlossen werden, dass das Enderzeugnis schädliche Stoffe enthielt.

Deshalb reihte die Klägerin in der Anmeldung die fragliche Ware in die Unterposition 1518 00 31 der Kombinierten Nomenklatur (KN) ein. Kapitel 1518 der KN beinhaltet:

„[…] ungenießbare Mischungen von flüssigen, fetten pflanzlichen Ölen, zu technischen oder industriellen Zwecken, ausgenommen zum Herstellen von Lebensmitteln [...]“

Bei der Kontrolle durch die Zollbehörden wurde jedoch festgestellt, dass die Proben keine schädlichen Substanzen enthielten. Aufgrund dessen wurde die Ware durch den Zoll abweichend, nämlich in die Unterposition 1517 90 91 eingereiht. Kapitel 1517 umfasst:

„[…] genießbare Mischungen und Zubereitungen von tierischen oder pflanzlichen Fetten und Ölen […]“

Entscheidung

Der EuGH stellte fest, dass es für die Einstufung der Pflanzenölmischung als „ungenießbar“ und deren Einreihung in die Unterposition 1518 00 31 der KN nicht zwingend erforderlich ist, dass sie durch eine spezifische Maßnahme im Laufe ihres Herstellungsverfahrens auf unumkehrbare Weise für die Verwendung in Lebensmitteln ungeeignet gemacht wurde. Es reicht aus, dass sie von ihren objektiven Merkmalen und Eigenschaften sowie von dem daraus abgeleiteten Verwendungszweck her zu den ungenießbaren Mischungen gehört.

Angaben wie die des Herstellers der Pflanzenölmischung, wonach aufgrund des Herstellungsverfahrens das Vorliegen von für die menschliche Gesundheit schädlichen Stoffen nicht ausgeschlossen werden könne, stellen gerade einen Gesichtspunkt dar, der für den Nachweis geeignet ist, dass die fragliche Mischung nicht als „genießbar“ eingestuft werden kann. Diese Angaben werden durch die bloßen Ergebnisse einer Analyse von Stichproben, die keinen Nachweis für das Vorliegen schädlicher Stoffe erbracht haben, nicht automatisch in Frage gestellt, da ein solches Vorliegen in der fraglichen Pflanzenölmischung nicht sicher, sondern nur möglich ist.

Sollten die Ergebnisse einer Analyse von Stichproben Zweifel an der Richtigkeit und Glaubhaftigkeit der Herstellerangaben aufkommen lassen, können die Zollbehörden zusätzliche Recherchen durchführen und vom Anmelder verlangen, ihnen andere Unterlagen als Nachweise vorzulegen, um die Richtigkeit der Herstellerangaben in der Anmeldung zu bestätigen oder zu widerlegen. Falls solche Anhaltspunkte und zusätzliche Nachweise nicht gegeben sind, kann sich die Zollbehörde nicht allein auf das Nichtvorliegen von schädlichen Stoffen in den von ihr entnommenen und analysierten Stichproben stützen, um die Pflanzenölmischung als „genießbar“ in die KN einzureihen.

Was bedeutet das für Sie?

Wenn beim Import von Waren mehrere Möglichkeiten der Einreihung in eine (Unter-)Position der KN in Betracht kommen, kann der beabsichtigte Verwendungszweck das entscheidende Kriterium für die korrekte Einreihung der Ware darstellen. Abweichende Stichprobenergebnisse durch den Zoll lassen die vorgesehene Verwendung als ein maßgebliches Kriterium der Einreihung nicht zwangsläufig ausscheiden. Stattdessen kann dann die Notwendigkeit bestehen, weitere Nachforschungen hinsichtlich der Richtigkeit der Herstellerangaben anzustellen.

Was sollten Sie tun?

Falls die oben beschriebene Problematik in Ihrem Unternehmen aufgetreten ist oder in Zukunft auftreten könnte, empfehlen wir Ihnen, bereits im Voraus Informationen bereitzuhalten, die im Konfliktfalle Ihren rechtlichen Standpunkt untermauern.

Wir würden uns freuen, Sie dabei unterstützen zu können.

Fundstelle

EuGH, Urteil vom 28.04.2016, C-233/15

Ihre Ansprechpartner

Michael Schäfer
Partner

MicSchaefer@deloitte.de
Tel.: 0621 1590-1869

Bettina Mertgen
Director

BMertgen@deloitte.de
Tel.: 069 75695-6321

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Partner

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