Brexit: Mögliche Auswirkungen bei der Versicherungsteuer
Nach dem Versicherungsteuergesetz ist der Versicherungsnehmer (wirtschaftlich) Steuerschuldner. Der Versicherer ist grundsätzlich lediglich Steuerentrichtungsschuldner. Ist der Versicherer jedoch nicht in der EU oder im EWR ansässig, verlagert sich die Steuerentrichtungsschuldnerschaft auf den Versicherungsnehmer. Dies könnte nach dem „Brexit“ drohen.
Hintergrund
Am 23.06.2016 hat das Vereinigte Königreich für den Austritt aus der Europäischen Union gestimmt (sog. „Brexit“). Als eine mögliche Folge des Austritts (welcher möglicherweise zwei Jahre oder länger in Anspruch nehmen könnte, zum Verfahren siehe Deloitte Tax-News), könnten sich Änderungen hinsichtlich der Steuerschuldnerschaft bei der deutschen Versicherungsteuer ergeben.
Gesetzlicher Rahmen
Nach dem deutschen Versicherungsteuergesetz (VersStG), wird eine 19%ige Versicherungsteuer auf an eine Versicherungsgesellschaft gezahlte Versicherungsentgelte erhoben, die zur Abdeckung bestimmter Deutschland bezogener Risiken dienen. Dies beinhaltet sowohl Versicherungen für in Deutschland belegene Vermögenswerte als auch für andere Risiken im Zusammenhang mit deutschen Betrieben (z. B. Berufshaftpflicht). Die Versicherungsteuer gilt auch im Falle von ausländischen Gesellschaften und zwar unabhängig davon, ob sie in Deutschland mit Niederlassungen arbeiten oder keinen Sitz in Deutschland haben.
Das VersStG differenziert zwischen zwei Steuerschuldnern. Auf der einen Seite gilt die Person oder Personenvereinigung, die einen Vertrag mit der Versicherungsgesellschaft abschließt (Versicherungsnehmer), als (ein) Steuerschuldner. Dieser Steuerpflichtige trägt wirtschaftlich die Steuerlast. Auf der anderen Seite gilt die Versicherungsgesellschaft als der Steuerentrichtungsschuldner, da sie für die tatsächliche Steuerentrichtung an die deutschen Steuerbehörden für Rechnung des Versicherungsnehmers verantwortlich ist. Dadurch ist der Versicherungsnehmer grundsätzlich nicht für die Entrichtung der Steuer verantwortlich.
Dennoch kann nach dem VerStG seitens des Versicherungsnehmers eine Pflicht zur tatsächlichen und nicht nur wirtschaftlichen Entrichtung der Versicherungsteuer gegenüber den Steuerbehörden entstehen, wenn weder die Versicherungsgesellschaft noch ein zur Entgegennahme des Versicherungsentgelts Bevollmächtigter, einen Wohnsitz, Sitz oder eine Betriebsstätte in der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum hat. In einem solchen Fall sieht das VersStG die Verlagerung der Steuer(entrichtungs)schuldnerschaft von der Versicherungsgesellschaft auf den Versicherungsnehmer vor.
Diese Verschiebung der Steuer(entrichtungs)schuldnerschaft beinhaltet verwaltungsrechtliche Verpflichtungen wie die Berechnung, Erklärung und die endgültige Entrichtung der Versicherungsteuer an die Steuerbehörden innerhalb von 15 Tagen nach Ablauf des Monats, in dem das Versicherungsentgelt bezahlt worden ist.
Auswirkungen durch einen möglichen Brexit
Im Hinblick auf den oben genannten Ausgang des Referendums und das bislang ungeklärte Verhältnis zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union nach einem Ausscheiden aus der EU, sollten Versicherungsnehmer (u.a. bei Berufshaftpflichtversicherungen oder D&O Versicherungen) ihre Versicherungsverhältnisse überprüfen. Soweit Versicherungsverträge für Risiken im Zusammenhang mit Deutschland abgeschlossen wurden und die entsprechenden Versicherungsgesellschaften bisher nur im Vereinigten Königreich ansässig sind, besteht die Gefahr, dass der Versicherungsnehmer für die tatsächliche Entrichtung der Versicherungsteuer in Deutschland verantwortlich werden wird, sobald die Mitgliedschaft des Vereinigten Königreichs in der Europäischen Union und dem Europäischen Wirtschaftraum endet.
Sollte das Vereinigte Königreichs auch zukünftig (wie Norwegen, Island und Liechtenstein) Teil des Europäischen Wirtschaftsraum bleiben, tritt die hier angesprochene Verlagerung der Steuer(entrichtungs)schuldnerschaft nicht ein.