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05.03.2015
Grundsteuer/ Grunderwerbsteuer

OFD Frankfurt a.M.: Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorgang für Zwecke der Grunderwerbsteuer

Die OFD setzt sich in ihrer Verfügung mit der Frage auseinander, welcher Steuersatz bei Erhöhung des Grunderwerbsteuersatzes für einen Erwerbsvorgang, der zu einem Zeitpunkt unter Geltung des bisherigen Steuersatzes verwirklicht wird, anzuwenden ist, wenn zum Zeitpunkt der Steuerentstehung bereits der erhöhte Steuersatz gilt. Hierbei wird der Fokus auf genehmigungsbedürftige und aufschiebend bedingte Rechtsgeschäfte sowie aufschiebend bedingte und nachträglich vereinbarte Gegenleistungen gelegt.

Hintergrund

Zum 01.08.2014 wurde in Hessen der Grunderwerbsteuersatz von 5 % auf 6 % erhöht. In einigen anderen Bundesländern ist der Grunderwerbsteuersatz zum 01.01.2014 (Berlin, Bremen, Niedersachsen, Schleswig Holstein) bzw. zum 01.01.2015 (Nordrhein-Westfalen, Saarland) angehoben worden. Der erhöhte Steuersatz in Hessen gilt für alle Erwerbsvorgänge, die nach dem 31.07.2014 verwirklicht werden. Auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer kommt es nicht an. Für die Entscheidung, welcher Steuersatz anzuwenden ist, ist deshalb der Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs vom Zeitpunkt der Entstehung der Steuer zu unterscheiden.

Verwaltungsanweisung

Die Grunderwerbsteuer entstehe regelmäßig im Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs. Ein Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG sei verwirklicht, wenn die Beteiligten das auf einen Erwerbsvorgang abzielende Wollen in rechtsgeschäftlichen Erklärungen umgesetzt hätten und deshalb im Verhältnis zueinander gebunden seien (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17.09.1987). Grundsätzlich trete die Bindung der Beteiligten im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ein, wenn ein Rechtsgeschäft unbedingt abgeschlossen wurde und die abgegebenen rechtsgeschäftlichen Erklärungen zu ihrer Wirksamkeit keiner Genehmigung bedürfen. Keine Auswirkungen auf den Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs haben:

  • zeitliche Rückbeziehungen nach Zivilrecht (vgl. § 184 BGB und § 17 Abs. 2 UmwG) und Steuerrecht (vgl. § 2 Abs. 1 UmwStG i.V.m. § 17 Abs. 2 UmwG)
  • der Zeitpunkt des Übergangs von Besitz, Nutzen und Lasten am Grundstück, der Zahlung des Kaufpreises und der Eintragung des Grundstückserwerbers im Grundbuch.

Bei Erwerbsvorgängen, die von dem Eintritt einer Bedingung abhängig seien oder noch einer Genehmigung bedürften, entstehe die Grunderwerbsteuer gem. § 14 GrEStG jedoch erst mit dem Eintritt der Bedingung bzw. der Erteilung der Genehmigung. Daher könne der Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorgang (§ 23 GrEStG) vor dem Zeitpunkt der Steuerentstehung (§ 14 GrEStG) liegen.

Aufschiebend bedingte Rechtsgeschäfte (§ 14 Nr. 1 GrEStG)
Bei Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung sei der Erwerbsvorgang bereits vor Eintritt der Bedingung mit dem im Übrigen wirksamen Vertrag verwirklicht, es sei denn der Eintritt der aufschiebenden Bedingung hänge vom Willen einer der Vertragsparteien ab (sog. Potestativbedingung, z.B. bei Einräumung eines Ankaufs- oder Wiederkaufsrechts).

Genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäfte (§ 14 Nr. 2 GrEStG)
Genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäfte seien grundsätzlich bereits mit Abschluss des jeweiligen Vertrages und damit bereits vor Erteilung der Genehmigung verwirklicht, da das genehmigungsbedürftige
Rechtsgeschäft bereits mit Abschluss des Vertrages vollendet und voll gültig sei. Eine Ausnahme gelte nur für Fälle, bei denen eine Genehmigung erforderlich sei, die die Willenserklärung eines Vertragsteils erst zustande bringe. Solche Erwerbsvorgänge seien erst mit der Erteilung der entsprechenden Genehmigung verwirklicht (z.B. bei Handeln ohne Vertretungsvollmacht).

Aufschiebend bedingte und nachträglich vereinbarte Gegenleistungen
Bei einem Rechtsgeschäft mit aufschiebend bedingter oder nachträglich vereinbarter Gegenleistung werde mit Eintritt der Bedingung bzw. im Zeitpunkt der nachträglichen Erhöhung der
Gegenleistung ein eigenständiger (neuer) Erwerbsvorgang verwirklicht (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 26.04.2006). Die Steuer für eine nachträglich gewährte Gegenleistung (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG) sei in einem selbstständigen Steuerbescheid festzusetzen.

Betroffene Normen

§§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 11 und 14 GrEStG

Fundstellen
Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main, Verfügung vom 13.01.2015, S 4430 A - 21 - St 137
Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main, Verfügung vom 19.11.2012, S 4430 A - 21 - St 121

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 17.09.1986, II R 136/84, BStBl II 1987, S. 35
BFH, Urteil vom 26.04.2006, II R 3/05, BStBl II 2006, S. 604
 

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