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07.01.2013
Erbschaftsteuer

BFH: Wahlrecht auf rückwirkende Anwendung des ErbStG 2009 nicht mehr möglich

Das Wahlrecht auf rückwirkende Anwendung des ErbStG 2009 auf Erwerbe von Todes wegen, für die die Steuer nach dem 31.12.2006 und vor dem 01.01.2009 entstanden ist, konnte bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung, längstens bis zum 30.06.2009 ausgeübt werden.

Sachverhalt

Der Kläger ist Alleinerbe seines im Dezember 2007 verstorbenen Vaters. Aufgrund der im Oktober 2008 abgegebenen Erbschaftsteuererklärung erging im März 2009 der Erbschaftsteuerbescheid.
Ein Jahr später beantragt der Kläger nach Art. 3 Abs. 1 S. 1 ErbStRG die Anwendung der geänderten Vorschriften des ab dem 01.01.2009 geltenden ErbStG 2009. Diesem Antrag entsprach das Finanzamt wegen verspäteter Antragstellung nicht.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde begehrt der Kläger die Revision zuzulassen.

Entscheidung

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen.

Im Streitfall ist die Rechtsfrage, ob es mit dem Sinn und Zweck des ErbStRG vereinbar ist, dass das Außerkrafttreten des Art. 3 ErbStRG am 01.07.2009 das Erlöschen des nach Abs. 1 dieser Vorschrift entstandenen Wahlrechts zur Folge haben kann, nicht klärungsbedürftig. Denn sowohl aus dem Inhalt und dem Zweck der Regelung als auch der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass das in Art. 3 Abs. 1 S. 1 ErbStRG begründete Wahlrecht nur bis einschließlich dem 30.06.2009 ausgeübt werden konnte.

Nach Art. 3 Abs. 1 S. 1 ErbStRG kann ein Erwerber bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung beantragen, auf Erwerbe von Todes wegen, für die die Steuer nach dem 31.12.2006 und vor dem 01.01.2009 entstanden ist, anstelle der hierfür geltenden Erbschaftsteuerregelungen die geänderten Vorschriften des ErbStG 2009 rückwirkend anzuwenden. Ist die in diesem Zeitraum entstandene Steuer vor dem 01.01.2009 festgesetzt worden, kann der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes (d.h. bis zum 31.06.2009) gestellt werden; in diesem Fall kann die Steuerfestsetzung entsprechend geändert werden (Art. 3 Abs. 2 ErbStRG).

Dem Einwand des Klägers, dass nur für das in Art. 3 Abs. 2 ErbStRG eingeräumte Antragsrecht für Steuerfestsetzungen „vor“ dem 01.01.2009 eine sechsmonatige Antragsfrist nach Inkrafttreten des ErbStRG gelte, da eine solche Bestimmung für das Antragsrecht nach Art. 3 Abs. 1 S. 1 ErbStRG fehle, folgt der BFH nicht. Aus der beschränkten zeitlichen Geltung des Art. 3 ErbStRG durch den Wortlaut des Art. 6 Abs. 3 ErbStRG und der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 16/12674, S. 19) ergibt sich, dass auch die Ausübung des Antragsrechts nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 ErbStRG im Ergebnis nur für den Zeitraum von sechs Monaten vom Inkrafttreten des ErbStRG am 01.01.2009 bis zum Außerkrafttreten des Art. 3 ErbStRG am 1. Juli 2009 ermöglicht werden sollte. Für eine unterschiedliche Antragsfrist für Steuerfestsetzungen vor und nach dem 01.01.2009 sind keine gewichtigen Gründe ersichtlich. Denn das Antragsrecht betrifft jeweils Erwerbe von Todes wegen, für die die Steuer in der Zeit vom 01.01.2007 bis einschließlich 31.12.2008 entstanden ist.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Gesetzgeber die Befristung des Antragsrechts nicht unmittelbar in der Vorschrift des Art. 3 Abs. 1 S. 1 ErbStRG, sondern über das Außerkrafttreten in Art. 6 Abs. 3 ErbStRG geregelt hat. Eine außer Kraft getretene Norm des materiellen Rechts bleibt zwar auf Tatbestände und Rechtsverhältnisse anwendbar, die während der Geltung der Vorschrift bestanden haben oder entstanden sind (vgl. BFH-Urteil vom 08.11.2006). Dies bedeutet aber nicht, dass das auf Art. 3 Abs. 1 S. 1 ErbStRG beruhende Antragsrecht auch nach dem Außerkrafttreten der Vorschrift am 01.07.2009 noch ausgeübt werden konnte. Entsprechend der Gesetzesbegründung und dem Willen des Gesetzgebers sollte das Antragsrecht auf rückwirkende Anwendung des ErbStG 2009 nur während einer sechsmonatigen Übergangsfrist gewährt werden. Art. 3 Abs. 1 S. 1 ErbStRG bleibt nur Rechtsgrundlage für ein fristgemäß ausgeübtes Antragswahlrecht.

Betroffene Norm
Art. 3 Abs. 1 S. 1 ErbStRG

Vorinstanz
Finanzgericht München, Urteil vom 16.04.2012, 4 K 3893/09

Fundstelle
BFH, Beschluss vom 21.11.2012, II B 78/12, BStBl II 2013, S. 172 

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 08.11.2006, X R 45/02, BStBl II 2007, S. 574
Bundestag, Gesetzesbeschluss zum Erbschaftsteuerreformgesetz (ErbStRG) vom 28.11.2008, BR-Drs. 888/08
Bundesrat, Beschluss zum ErbStRG vom 05.12.2008, BR-Drs. 888/08 (B)

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