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21.05.2010
Erbschaftsteuer

BFH: Kein Abzug latenter Einkommensteuer bei der Erbschaftsteuer

Mit Beschluss vom 07.04.2015 hat das BVerfG die gegen das Urteil des BFH eingereichte Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Der Gesetzgeber dürfe die später entstehende Einkommensteuer bei der Berechnung der Erbschaftsteuer unberücksichtigt lassen, ohne gegen Art. 3 Abs.1 GG (Gebot der steuerlichen Lastengleichheit) zu verstoßen (siehe Deloitte Tax-News)
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BFH-Urteil v. 07.04.2015:
Die bis zum Tode des Erblassers angefallenen, aber noch nicht fälligen Zinsen sind beim steuerpflichtigen Erwerb als Forderung zu berücksichtigen. Die darauf ruhende latente Einkommensteuerlast des Erben kann aufgrund des erbschaftsteuerlichen Stichtagprinzips bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer nicht als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden. Eine etwaige Übermaßbesteuerung wegen kumulativer Belastung mit Erbschaftsteuer und Einkommensteuer kann allenfalls bei der Festsetzung der Einkommensteuer geltend gemacht werden.

Sachverhalt

Der Kläger ist Erbe u.a. von festverzinslichen Wertpapieren. Die bis zum Tod des Erblassers angefallenen, aber noch nicht fälligen Stückzinsen sind mit ihrem Nennwert –ohne Abzug der Kapitalertragsteuer- als Zinsforderung in den steuerpflichtigen Erwerb einbezogen und der ErbSt unterworfen worden. Die Zinsen wurden dem Kläger im darauffolgenden Jahr unter Einbehaltung von Kapitalertragsteuer ausbezahlt und führten bei ihm insoweit zu einer Einkommensteuerbelastung. 

Bei der Festsetzung der Erbschaftsteuerschuld des Klägers ließ das Finanzamt die auf diese Zinsen entfallende Einkommensteuerschuld des Klägers nicht als Nachlassverbindlichkeit zum Abzug zu.
Die dagegen gerichtete Klage begründete der Kläger mit einem Verstoß gegen das Bereicherungsprinzip sowie einer verfassungswidrigen Übermaßbesteuerung durch den doppelten Steuerzugriff.

Entscheidung

Ein Erbe kann seine latente Einkommensteuerlast, die auf geerbten Forderungen ruht, bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer nicht als Nachlassverbindlichkeit abziehen. Der Anspruch auf Zinsen entsteht laufend für die Zeit der Nutzung des überlassenen Kapitals, unabhängig von ihrer Fälligkeit. Die Zinsforderung ist deshalb für ErbSt-Zwecke mit ihrem Nennwert anzusetzen. Die einbehaltene Kapitalertragsteuer ist nicht als Verbindlichkeit zu berücksichtigen, weil sie wirtschaftlich nur eine bei Zufluss eines Geldbetrages in einem besonderen Verfahren erhobene Einkommensteuervorauszahlung des Steuerpflichtigen (hier: Erben) ist. Die vom Erblasser herrührenden persönlichen Steuerschulden gehen auf den Erben über und sind als Nachlassverbindlichkeit abzuziehen. Für Zinsen aus Wertpapieren, die zum Todeszeitpunkt noch nicht dem Erblasser zugeflossen sind, besteht am maßgebenden Stichtag keine Einkommensteuerschuld des Erblassers.

Erbschaftsteuer und Einkommensteuer greifen auf verschiedene Steuerobjekte zu und folgen dabei ihrer jeweiligen Sachgerechtigkeit. Die Erbschaftsteuer belastet den Vermögensanfall durch Erbschaft und berücksichtigt hierbei bereicherungsmindernd nur Verbindlichkeiten, die zum maßgebenden Stichtag (Tod des Erblassers) tatsächlich bestehen. Die Einkommensteuer erfasst demgegenüber das Einkommen beim Erben als Rechtsnachfolger des Erblassers auch dann, wenn der Erblasser zu seinen Lebzeiten eine Ursache für diese Einkünfte gesetzt hat. Die mögliche künftige Einkommensteuer trifft den Erben dabei aber nicht in seiner Eigenschaft als Bedachter einer unentgeltlichen Zuwendung, sondern als Einkommensbezieher und richtet sich demgemäß allein nach den für ihn geltenden Merkmalen, vor allem nach der Höhe des von ihm erzielten steuerlichen Einkommens.

Ein Gebot des Abzugs aus Verfassungsgründen sah der BFH ebenfalls nicht. Zur Abwehr einer etwaigen Übermaßbesteuerung verwies der BFH auf einen Rechtsbehelf gegen den Einkommensteuerbescheid, da sich die tatsächliche Gesamtbelastung aus Erbschaft- und Einkommensteuer erst mit der späteren Festsetzung der Einkommensteuer offenbart.

Der Gesetzgeber hat die Doppelbelastung mit Einkommensteuer und Erbschaftsteuer einschließlich der damit verbundenen Härten in Kauf genommen. Der Gesetzgeber milderte bis einschließlich 1998 die Doppelbelastung ab, indem er die Erbschaftsteuerlast bei der späteren Einkommensteuerfestsetzung anrechnete (§ 35 EStG a. F.). Ab 2009 führte er die Vorschrift nahezu wortgleich wieder ein (§ 35b EStG), so dass die Doppelbelastung seitdem wieder entschärft wird.

Vorinstanz

FG München, Urteil vom 18.02.2009, 4 K 1131/07, EFG 2009, S. 946; Zusammenfassung in den Deloitte Tax-News.

Fundstellen

BVerfG, Beschluss vom 07.04.2015, 1 BvR 1432/10, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 17.02.2010, II R 23/09, BStBl II 2010, S. 641.

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