BFH: Steuerfreiheit von Pflichtbeiträgen in ein berufsständisches Versorgungswerk
Sachverhalt
Eine Aktiengesellschaft beschäftigt seit April 1998 einen Arzt als Vorstandsassistenten. Als Arzt ist der Arbeitnehmer Pflichtmitglied in der Ärztekammer und im Versorgungswerk der Ärzte. In dem mit dem Arbeitnehmer abgeschlossenen Anstellungsvertrag verpflichtet sich die AG, 50 % der Beiträge des Arbeitnehmers zum Versorgungswerk zu erstatten.
Anfang 2001 wurde der Arbeitnehmer in den Vorstand der AG berufen. In dem in diesem Zusammenhang neu abgeschlossenen Anstellungsvertrag wurde die bestehende Regelung bezüglich des Beitragszuschusses des Arbeitgebers zu den Pflichtbeiträgen in das Versorgungswerk übernommen. Weiterhin erstattete die AG ihrem Vorstandsmitglied 50 % der Rentenversicherungsbeiträge an das Versorgungswerk.
Die von der Arbeitgeberin übernommenen Beitragsanteile wurden zunächst dem Lohnsteuerabzug unterworfen. Nach Prüfung der Lohnabrechnungen gelangte die Arbeitgeberin zu der Auffassung, die Beitragsanteile zu Unrecht in die Lohnsteuerbemessungsgrundlage einbezogen zu haben. Daraufhin reichte die Arbeitgeberin beim Finanzamt eine korrigierte Lohnsteuer-Anmeldung ein. Das Finanzamt versagte die Zustimmung zu der korrigierten Anmeldung. Der dahingehende Einspruch nebst Klage der Arbeitgeberin blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Im Rahmen der gegen die Entscheidung des Finanzgerichts beim BFH durch die Arbeitgeberin eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde kommt dieser zu dem Ergebnis, dass die von der Arbeitgeberin übernommenen Beitragsanteile weder nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG noch nach § 3 Nr. 62 Satz 2 Buchst. c EStG steuerfrei sind.
Aufwendungen des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung seiner Arbeitnehmer haben den Zweck, den Arbeitnehmer gegen bestimmte Risiken abzusichern. Diese Aufwendungen des Arbeitgebers zugunsten des Arbeitnehmers gehören, sofern sie nicht ausdrücklich steuerfrei gestellt sind, zum steuerpflichtigen Arbeitslohn.
Nach § 3 Nr. 62 EStG sind diesbezügliche Ausgaben des Arbeitgebers steuerfrei, soweit er dazu nach sozialversicherungsrechtlichen oder anderen gesetzlichen Vorschriften verpflichtet ist oder die Aufwendungen durch § 3 Nr. 62 Satz 2-4 EStG den v. g. Ausgaben gleichgestellt sind.
Vorstandsmitglieder einer AG sind kraft Gesetz in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei. Die Steuerbefreiungsvorschrift verlangt jedoch eine gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers. Da eine solche im vorliegenden Sachverhalt nicht besteht, ist die Befreiungsvorschrift nicht anwendbar. Zuschüsse des Arbeitgebers zu Vorsorgeaufwendungen des Arbeitnehmers sind nur steuerfrei, wenn der Arbeitnehmer von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden ist. Der Umstand, dass der Arbeitnehmer als Arzt im Versorgungswerk pflichtversichert ist, macht die Beiträge noch nicht zu gesetzlich geschuldeten Beiträge. Die Übernahme der Beiträge ist im vorliegenden Sachverhalt vielmehr anstellungsvertraglich geschuldet. Für eine „Überlagerung“ der Versicherungsfreiheit durch die Pflichtmitgliedschaft sieht der BFH keine Anzeichen. Die Übernahme der Beiträge durch die Arbeitgeberin sind daher dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen.
Vorinstanz
Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.07.2009, 12 K 3256/03 B
Fundstelle
BFH, Urteil vom 20.05.2010, VI B 111/09 (NV)
Ansprechpartner
Jochen Schreiber | Düsseldorf