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18.12.2006
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

BFH: Rückwirkende Versteuerung von Abfindungszahlungen verfassungswidrig?

Der XI. Senat des BFH hat mit seinen Urteilen vom 02.08.2006 (Az. XI R 30/03 und Az. XI R 34/02) das BVerfG angerufen, weil er entgegen der bisherigen ständigen Rechtsprechung des BVerfG die rückwirkend verschärfte Besteuerung von Entlassungsentschädigungen für verfassungswidrig hält. In dem einem Fall (Az. XI 30/03) war im Oktober 1996 die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.1998 gegen Zahlung einer im Januar 1999 fälligen Entschädigung vereinbart worden. Im anderen Fall (Az. XI R 34/02) erfolgte die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses im November 1998 mit Wirkung zum 30.06.1999, die Auszahlung der Entschädigung folgte vereinbarungsgemäß zum 01.03.1999. Für beide Fälle schreibt das im März mit Wirkung zum 01.01.1999 geänderte Einkommensteuergesetz eine ungünstigere Besteuerung vor, als sie im Zeitpunkt der jeweiligen Aufhebungsvereinbarung gegolten hatte (sogenannte Fünftelregelung anstatt des bisherigen halben Steuersatzes). Die Einkommensteuer steigerte sich daher in einem Fall um 67,6%. Diese rückwirkende Schlechterstellung hält der XI. Senat des BFH für verfassungswidrig. Entgegen der ständigen Rechtsprechung des BVerfG und dem folgend des BFH hält der XI. Senat des BFH in seinen Vorlagen an der bisherigen so genannten Veranlagungszeitraum- Rechtsprechung nicht mehr fest. Nach Ansicht des XI. Senats dürfte der Steuerpflichtige gemäß dem aus dem verfassungsrechtlichen Rechtstaatsprinzip folgenden Gebot der Rechtssicherheit darauf vertrauen, dass sich die Besteuerung nach dem Gesetz richtet, das beim Zufluss der Entschädigung und damit zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Steuertatbestandes gelte. Sollte das BVerfG dieser Ansicht folgen, hätte dies weitreichende Folgerungen für die Beurteilung rückwirkender Steuergesetze.

Fundstellen

BFH, Urteil vom 02.08.2006, XI R 30/03
BFH, Urteil vom 02.08.2006, XI R 34/02

Weitere Fundstellen

BVerfG, Beschluss vom 07.07.2010, 2 BvL 1/03, 2 BvL 57/06, 2 BvL 58/06, siehe Zusammenfassung in den Deloitte Tax-News.

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