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21.05.2010
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

BFH: Die Übernahme von Kurkosten durch den Arbeitgeber führt grundsätzlich zu Arbeitslohn

Übernimmt der Arbeitgeber die Kosten einer Kur des Arbeitnehmers, kommt eine Aufteilung in Arbeitslohn und eine nicht der Lohnsteuer unterliegende Zuwendung im betrieblichen Eigeninteresse nicht in Betracht. 

Sachverhalt

Der Kläger erzielte als Fluglotse Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Kläger war arbeitsvertraglich verpflichtet, sich auf Verlangen seines Arbeitgebers in regelmäßigen Abständen einer Regenerierungskur zu unterziehen. Im Streitjahr nahm der Kläger daher nach Anmeldung durch den Arbeitgeber an einer vierwöchigen Regenerierungskur für Fluglotsen teil. Der Arbeitgeber übernahm sämtliche Kosten der Kur. Zum Kurprogramm gehörten im Wesentlichen Fitnesstraining und Massagen. An drei Tagen wurde der Kläger ärztlich untersucht. Bei der letzten Untersuchung wurde die Arbeitsfähigkeit bescheinigt. Das Finanzamt erfasste die Übernahme der Kosten der Regenerierungskur durch den Arbeitgeber als geldwerten Vorteil. Streitig war deshalb, ob die vom Arbeitgeber getragenen Kosten für eine Regenerierungskur in vollem Umfang steuerpflichtiger Arbeitslohn sind.

Entscheidung

Steuerpflichtiger Arbeitslohn ist dadurch gekennzeichnet, dass dem Arbeitnehmer Einnahmen (Bezüge oder geldwerte Vorteile) zufließen, die "für" seine Arbeitsleistung gewährt werden (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Diesem Tatbestandsmerkmal ist nach ständiger Rechtsprechung zu entnehmen, dass ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft haben muss, um als Arbeitslohn angesehen zu werden. Demgegenüber sind solche Vorteile kein Arbeitslohn, die sich nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen. 

Da eine betriebliche Veranlassung jeder Art von Lohnzahlungen zugrunde liegt, muss sich aus den Begleitumständen wie bspw. Anlass, Art, Höhe des Vorteils oder Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck ergeben, dass diese Zielsetzung ganz im Vordergrund steht und ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers deshalb vernachlässigt werden kann. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen der Intensität des eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers und dem Ausmaß der Bereicherung des Arbeitnehmers. Je höher aus der Sicht des Arbeitnehmers die Bereicherung anzusetzen ist, desto geringer zählt das aus der Sicht des Arbeitgebers vorhandene eigenbetriebliche Interesse. Ob sich eine unentgeltlich oder verbilligt überlassene Sachzuwendung als geldwerter Vorteil oder als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung des Arbeitgebers erweist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Ergibt die Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, dass die Zuwendung ausschließlich oder ganz überwiegend der Entlohnung des Arbeitnehmers dient, ist der geldwerte Vorteil in voller Höhe Arbeitslohn. Ergibt die Würdigung demgegenüber, dass sich die Zuwendung nahezu ausschließlich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweist, liegt insgesamt kein steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Dies gilt auch, wenn die Zuwendung für den Arbeitnehmer mit angenehmen Begleitumständen verbunden ist. 

Nach diesen Grundsätzen ist auch zu entscheiden, ob Leistungen des Arbeitgebers zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands und der betrieblichen Gesundheitsförderung zu Arbeitslohn führen. Nach der bisher dazu ergangenen Rechtsprechung ist in der Übernahme von Kurkosten durch den Arbeitgeber grundsätzlich Arbeitslohn zu sehen. Dagegen können vom Arbeitgeber veranlasste unentgeltliche Vorsorgeuntersuchungen seiner leitenden Angestellten im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse liegen. Eine Aufteilung von Sachzuwendungen an Arbeitnehmer in Arbeitslohn und Zuwendungen im betrieblichen Eigeninteresse scheidet aus, wenn die jeweiligen Veranlassungsbeiträge so ineinandergreifen, dass eine Trennung nicht möglich und daher von einer einheitlich zu beurteilenden Zuwendung auszugehen ist. Davon ist im Streitfall auszugehen. Die vom Kläger durchgeführte Regenerierungskur kann wie jede andere Kur nur einheitlich beurteilt werden. Sie kann nicht in betriebsfunktionale Bestandteile und Elemente mit Vorteilscharakter unterschieden werden. Daraus folgt, dass die in der Übernahme der Kosten liegende Zuwendung des Arbeitgebers vollumfänglich als Arbeitslohn zu berücksichtigen ist.

Vorinstanz

Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 10.07.2007, 5 K 369/02, EFG 2008, S. 943.

Fundstelle

BFH-Urteil vom 11.03.2010, Az. VI R 7/08, BStBl II 2010, S. 763.

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