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25.03.2010
Rechnungslegung

BMF: Schreiben zur Anwendung des geänderten Maßgeblichkeitsgrundsatzes nach Inkrafttreten des BilMoG

Hintergrund

Durch das Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (BilMoG) ist § 5 Abs. 1 EStG im Hinblick auf die Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung für die steuerliche Gewinnermittlung geändert worden. Die Neuformulierung des § 5 Abs. 1 EStG hat insbesondere hinsichtlich der Ausübung steuerlicher Wahlrechte zu einer Vielzahl von Fragen geführt. Mit seinem Schreiben vom 12.03.2010 nimmt das BMF hierzu Stellung.

Verwaltungsanweisung

Steuerliche Wahlrechte

Steuerliche Wahlrechte können unabhängig vom handelsrechtlichen Wertansatz ausgeübt werden (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 EStG). Die Ausübung wird nicht durch die nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG grundsätzlich weiter geltende Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz beschränkt. Lediglich Bewertungswahlrechte in der Handelsbilanz, für die keine eigenständige steuerliche Regelung (z. B. in Gesetz oder Verwaltungsvorschrift) besteht, müssen in der Steuerbilanz übereinstimmend ausgeübt werden. Dazu gehören z. B. die Wahlrechte zur Aktivierung von Fremdkapitalzinsen als Herstellungskosten (§ 255 Abs. 3 Satz 2 HGB) und zur Anwendung der Bewertungsvereinfachungsverfahren nach § 240 Abs. 3 und 4 HGB (Festwertbewertung, Gruppenbewertung). 

Ermittlung der steuerlichen Herstellungskosten

Angemessene Teile der Kosten der allgemeinen Verwaltung sowie angemessene Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für betriebliche Altersversorgungen sind nach der jetzigen Auffassung der Finanzverwaltung zwingend bei der Berechnung der steuerlichen Herstellungskosten zu berücksichtigen. Das handelsrechtliche Bewertungswahlrecht des § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB soll steuerlich unbeachtlich sein, da § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG anordnet, dass Wirtschaftsgüter mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen seien, dazu gehörten auch die in § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB aufgeführten Kosten. Gem. § 5 Abs. 6 EStG gehe § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG der handelsrechtlichen Regelung in § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB vor. Diese Auffassung stützt die Finanzverwaltung auf das BFH Urteil vom 21. Oktober 1993 (BStBl. 1994 II, S. 176). Hingegen hat die Finanzverwaltung in R 6.3. Abs.4 Satz 1 EStR 2008 bislang die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzung für die Berücksichtigung der vorstehenden Kosten ist, dass in der Handelsbilanz entsprechend verfahren wird. Die Finanzverwaltung ist somit bisher von einem Bewertungswahlrecht ausgegangen. Eine steuergesetzliche Definition des Begriffs der Herstellungskosten ist im Einkommensteuergesetz nicht enthalten.

Handelsrechtliche Abschreibung auf niedrigeren beizulegenden Wert

Eine handelsrechtliche Abschreibung auf den niedrigeren beizulegenden Wert ist nicht zwingend in der Steuerbilanz durch eine entsprechende Teilwertabschreibung nachzuvollziehen; der Steuerpflichtige kann darauf auch verzichten. Für eine Zuschreibung zum Teilwert in einem folgenden Wirtschaftsjahr besteht dagegen kein Wahlrecht. Sie ist stets dann vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 oder § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG für eine Teilwertabschreibung nicht mehr vorliegen, d.h. wenn die voraussichtlich dauernde Wertminderung nicht mehr gegeben ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4, § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG).

§ 6b EStG-Rücklage

Die Bildung von § 6b EStG-Rücklagen (unabhängig von der Handelsbilanz) wird durch § 5 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 EStG ermöglicht.

Handelsrechtliche und steuerliche Wahlrechte

Wahlrechte, die sowohl handelsrechtlich als auch steuerrechtlich bestehen, können aufgrund des § 5 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 EStG in der Handelsbilanz und in der Steuerbilanz unterschiedlich ausgeübt werden. Beispielsweise setzt die Anwendung des Verbrauchsfolgeverfahrens nach § 6 Abs. 1 Nr. 2a Satz 1 EStG (Lifo) in der Steuerbilanz nicht voraus, dass der Steuerpflichtige die Wirtschaftsgüter auch in der Handelsbilanz nach diesem Verfahren bewertet. Desgleichen erfordert die Inanspruchnahme der degressiven AfA bei beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens (§ 7 Abs. 2 EStG) nicht, dass in der Handelsbilanz entsprechend abgeschrieben wird.

Aufzeichnungen bei Ausübung von steuerlichen Wahlrechten

Die laufende Führung des in § 5 Abs. 1 Satz 2, 3 EStG genannten Verzeichnisses ist Tatbestandsvoraussetzung für die wirksame Ausübung des jeweiligen steuerlichen Wahlrechts. Wird das Verzeichnis nicht oder nicht vollständig geführt, ist der Gewinn durch die Finanzbehörde zu ermitteln, als wenn das Wahlrecht nicht ausgeübt worden sei. Eine besondere Form der Verzeichnisse ist nicht vorgeschrieben. Es kann auch nach Ablauf des Wirtschaftsjahrs im Rahmen der Erstellung der Steuererklärung erfolgen.

Keine gesonderte Aufzeichnung ist bei der Ausübung steuerlicher Wahlrechte im Sonderbetriebsvermögen und bei Umwandlungsvorgängen des Umwandlungssteuerrechts erforderlich. Das Gleiche gilt für die Bildung steuerlicher Rücklagen, wenn die Rücklage in der Steuerbilanz abgebildet wird. Wird die Rücklage in einem folgenden Wirtschaftsjahr auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes übertragen, ist dieses Wirtschaftsgut mit den erforderlichen Angaben in das Verzeichnis aufzunehmen.

Anwendungszeitraum

Die neue steuerrechtliche Regelung ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2009 anzuwenden, d.h. für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2008 enden.

Fundstelle

BMF-Schreiben vom 12.03.2010, IV C 6 – S 2133/09/10001.

Englische Zusammenfassung

Weiterer Beitrag zum Thema BilMoG: Auswirkungen des BilMoG auf die steuerliche Anerkennung einer Organschaft

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