Zurück zur Übersicht
29.04.2010
Thema des Monats

Steuerberatungskosten und Nettolohnvereinbarungen

Aktuell: Der BFH vertritt entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung nun die Auffassung, dass die Übernahme von Steuerberatungskosten des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erfolgen kann und somit keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellt.
BFH, Urteil vom 09.05.2019, VI R 28/17, siehe Deloitte Tax-News
                                                                                                                               

Aufgrund der jüngsten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes zur Steuerpflicht von Steuerberatungskosten bei Vorliegen von Nettolohnvereinbarungen stehen Arbeitgeber vor umfassenden und komplexen Fragestellungen, die entsprechenden Vorgaben in die Praxis umzusetzen. Dieser Beitrag soll Ihnen die Problemstellung zusammenfassend darstellen und praxisnahe Lösungsansätze aufzeigen.

Hintergrund

Mit unserem Beitrag vom 01.04.2010 hatten wir Sie bereits auf das Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 21.01.2010 hingewiesen, mit dem er die Auffassung des Finanzgerichts Düsseldorf bestätigt, dass an der Übernahme der Steuerberatungskosten selbst bei Vorliegen einer Nettolohnvereinbarung kein überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers besteht. Folglich können die Steuerberatungskosten selbst bei Vorliegen einer Nettolohnvereinbarung durch Arbeitgeber nicht mehr steuerfrei erstattet werden.

Im Folgenden möchten wir Ihnen die steuerlichen Konsequenzen des vorgenannten BFH-Urteils, die sich regelmäßig in der Praxis ergeben werden, erläutern. Dabei sind die folgenden beiden Hauptfragestellungen zu beachten:

1. Stellen sämtliche Beratungsleistungen steuerpflichtigen Arbeitslohn dar?


Der BFH hatte lediglich über die Frage der Steuerpflicht der Kostenübernahme für eine Einkommensteuererklärung zu entscheiden, d.h. nicht entschieden wurde die Frage, ob und inwieweit die Übernahme von Kosten für andere (regelmäßig durch Beratungsunternehmen erbrachte) Dienstleistungen Arbeitslohn darstellen kann.

Unseres Erachtens kann die Auffassung vertreten werden, dass die Übernahme der Kosten folgender Beratungsleistungen regelmäßig nicht zu (steuerpflichtigem) Arbeitslohn führt:

  • Durchführung von Entrance bzw. Exit Meetings
  • Stellung von Anträgen zum Verbleib im heimatlichen Sozialversicherungssystem
  • Erstellung von Steuerausgleichsberechnungen (TEQ- oder Tax Protection- Berechnungen)
  • Erstellung von hypothetischen Steuerberechnungen
  • Erstellung von Lohn- und Gehaltsabrechnungen sowie entsprechender Nachberechnungen
  • Stellen von Freistellungsbescheinigungen / Anträge auf Steuerklasse 1 / andere im Zusammenhang mit der Erstellung und Durchführung von Gehaltsabrechnungen notwendige Anträge 
  • Erstellung von Lohnsteuernachmeldungen nach § 41c EStG

In diesem Zusammenhang ist trotzdem auf das Risiko hinzuweisen, dass die Finanzbehörde im Einzelfall zu einer anderen steuerlichen Beurteilung kommen kann. Rechtssicherheit können Sie durch die Stellung einer entsprechenden Lohnsteueranrufungsauskunft gemäß § 42e EStG bei Ihrem Betriebsstättenfinanzamt erlangen.

Bei den folgenden – beispielhaft aufgezählten – Beratungsleistungen wird man hingegen steuerpflichtigen Arbeitslohn für die jeweiligen Arbeitnehmer annehmen müssen:

  • Erstellung der privaten Einkommensteuererklärungen
  • Korrespondenz mit dem Finanzamt / den Behörden im Zusammenhang mit der Einkommensteuererklärung
  • Prüfung von Einkommensteuerbescheiden
  • Einlegung von Einsprüchen
  • Beantragung von Fristverlängerungen zur Abgabe der Einkommensteuererklärung oder der Beantwortung von Rückfragen der Finanzämter im Veranlagungsverfahren

Zu Bedenken ist ferner, dass nicht nur die Übernahme der Kosten für die deutsche Einkommensteuererklärung zu Arbeitslohn führt, sondern auch die Übernahme der Kosten für eine ausländische Einkommensteuererklärung zu Arbeitslohn führen kann.

Die Übernahme von Beratungsgebühren, die im Zusammenhang mit der Beantragung von Sozialversicherungsleistungen entstehen, ist auch mit dem Risiko behaftet, von der Finanzverwaltung als Arbeitslohn qualifiziert zu werden. Das Risiko ist u.E. insbesondere bei Kindergeldanträgen, Elterngeldanträgen und Anträgen zur freiwilligen Rentenversicherung oder Arbeitslosenversicherung hoch.

Fraglich ist auch, welche Kosten bei sogenannten „bundled fee“ - Vereinbarungen als (steuerpflichtiger) Arbeitslohn zu erfassen sind. Eine „bundled fee“ enthält ein Bündel von Beratungsleistungen zu einem Gesamtpreis. Es kann sein, dass in dem „bundle“ nicht ausschließlich Beratungsleistungen enthalten sind, die tatsächlich steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen. Unseres Erachtens kann hier nach einem geeigneten Aufteilungsmaßstab der Anteil der Beratungsleistungen der „bundled fee“ ermittelt werden, der als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren ist. Ein geeigneter Aufteilungsmaßstab kann beispielsweise das Verhältnis der Einzelpreise (falls bekannt) der in der „bundled fee“ beinhalteten steuerpflichtigen Beratungsleistungen sein.

Beispiel: In der vereinbarten „bundled fee“ in Höhe von € 1.000 sind die folgenden Beratungsleistungen beinhaltet:

Beratungsleistung Steuerliche Würdigung der Beratungsleistung bei Übernahme durch den Arbeitgeber Preis der Beratungsleistung bei Einzelabrechnung
Erstellung der Einkommensteuererklärung Steuerpflichtiger Arbeitslohn € 900
Durchführung des Entrance Interviews zu Beginn der Entsendung Steuerfreier Arbeitslohn € 300
Prüfung des Einkommensteuerbescheides Steuerpflichtiger Arbeitslohn € 300

Der Anteil der als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu behandelnden Beratungsleistungen, der in der „bundled fee“ von € 1.000 beinhaltet ist, beträgt bei Einzelabrechnung 80% (steuerpflichtiger Anteil der Beratungsleistungen von € 1.200 im Verhältnis zu den in der „bundled fee“ beinhalteten Gesamtleistungen bei Einzelabrechnung von insgesamt € 1.500). Danach stellen 80% der „bundled fee“, also € 800, steuerpflichtigen Arbeitslohn für den einzelnen Arbeitnehmer dar.

Sollte Ihrerseits eine solche Aufteilungsberechnung der mit Ihrem Berater vereinbarten „bundled fee“ - Vereinbarungen vorgesehen werden, empfehlen wir Ihnen auch hier, eine Lohnsteueranrufungsauskunft gemäß § 42e EStG bei Ihrem Betriebsstättenfinanzamt zu stellen, um Rechtssicherheit ebenfalls in diesem Punkt zu erlangen.

Auch die Übernahme von Kosten für die Einkommensteuererklärung von Arbeitnehmern, die aus Deutschland heraus in ein anderes Land entsandt und dort grundsätzlich steuerpflichtig werden, führt regelmäßig zu Arbeitslohn. Dieser kann jedoch unter Anwendung der jeweils einschlägigen Regelungen des deutschen Einkommensteuergesetzes und / oder des entsprechenden Doppelbesteuerungsabkommens ggf. steuerfrei bleiben. Meistens wird Deutschland das Besteuerungsrecht für diesen Arbeitslohn nicht zustehen. Eine Information an das Gastland über die Erstattung solcher Kosten, auch nach Beendigung der Entsendung, ist jedoch geboten. Zu beachten ist in solchen Konstellationen auch, dass der sich aus der Versteuerung solcher Beratungskosten im Ausland ergebende (Brutto-) Arbeitslohn auf der deutschen Lohnsteuerkarte des ehemaligen Expats als steuerfreier Arbeitslohn auszuweisen ist. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass für eine steuerfreie Erstattung dieser Kosten im Inland eine entsprechende Freistellungsbescheinigung beim zuständigen Betriebsstättenfinanzamt gestellt werden sollte.

2. Wie kann eine korrekte Versteuerung – evtl. auch noch für die Vergangenheit – jetzt noch sichergestellt werden?


Für das laufende Jahr 2010 muss der Arbeitgeber die bereits gezahlten Beratungsgebühren, die als steuerpflichtig zu beurteilen sind, nachträglich dem Lohnsteuerabzug unterwerfen, vorausgesetzt, der Arbeitslohn unterliegt dem Lohnsteuereinbehalt in Deutschland. Zukünftig müssen die als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu behandelnden Beratungsgebühren im Zeitpunkt (Monat) der Zahlung dem laufenden Lohnsteuerabzug unterworfen werden.

Für nach Deutschland entsandte Arbeitnehmer, die jedoch bereits vor dem 01.01.2010 wieder in ihr Heimatland zurückgekehrt sind, sind die im Jahr 2010 gezahlten und zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führenden Beratungsgebühren im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen. Bitte berücksichtigen Sie dabei, dass – sofern kein Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung für das Kalenderjahr 2010 für beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer (sog. § 39d EStG – Antrag) gestellt wurde, der Lohnsteuereinbehalt nach Steuerklasse 6 vorzunehmen ist.

Für die Vorjahre, d.h. 2009 und früher, ist regelmäßig keine Korrektur des Lohnsteuerabzuges mehr möglich, da die Lohnsteuerbescheinigungen bereits an die Finanzämter (elektronisch) übermittelt worden sind. Wir empfehlen Ihnen daher, sich mit Ihrem Betriebsstättenfinanzamt in Verbindung zu setzen und die Vorgehensweise hinsichtlich der Korrektur des Lohnsteuerabzuges abzustimmen. Eine Möglichkeit, einen nicht vorschriftsmäßigen Lohnsteuereinbehalt anzuzeigen, ist eine Anzeige gemäß § 41c EStG für jeden betroffenen Arbeitnehmer zu erstellen und dem Betriebsstättenfinanzamt einzureichen. Gegebenenfalls kann mit dem Betriebsstättenfinanzamt aber auch vereinbart werden, dass dieser Punkt erst im Rahmen der nächsten Lohnsteueraußenprüfung aufgegriffen wird und die Lohnsteuern dann erst zu diesem Zeitpunkt nacherhoben werden.

Neben der Problematik der Versteuerung der Steuerberatungskosten im Rahmen von Lohn- und Gehaltsabrechnungen stellt sich auch die Frage der Abzugsfähigkeit von Steuerberatungskosten im Rahmen der Einkommensteuererklärungen selbst. In diesem Zusammenhang möchten wir auf das Urteil des BFH vom 04.02.2010 hinweisen, in dem der BFH entschieden hat, dass die Streichung der Abzugsmöglichkeit von Steuerberatungskosten als Sonderausgaben (seit dem Veranlagungszeitraum 2006) als grundgesetzkonform angesehen wird. Damit verbleibt es lediglich bei der Abzugsfähigkeit von Steuerberatungskosten, die Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellen. Die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Wiedereinführung der Abzugsfähigkeit der (gesamten) Steuerberatungskosten hat das Bundesministerium der Finanzen bereits angekündigt, wird voraussichtlich aber noch nicht mit dem Jahressteuergesetz 2010 wieder eingeführt werden.

Haben auch Sie Schwierigkeiten, die sich aus den BFH-Urteilen ergebenden rechtlichen Änderungen in die Praxis umzusetzen? Wir stehen Ihnen bei einer praxisorientierten Umsetzung und auch der Abstimmung mit Ihren Betriebsstättenfinanzämtern gern unterstützend zur Seite. Sprechen Sie uns an!

Fundstellen
BFH Urteil vom 21.01.2010, Az. VI R 2/08, siehe auch Deloitte Tax-News 
BFH Urteil vom 04.02.2010, Az. X R 10/08, siehe auch Deloitte Tax-News

Ansprechpartner
Peter Mosbach I Düsseldorf
Katrin Köhler I Düsseldorf

So werden Sie regelmäßig informiert:
Artikel teilen:
Diese Webseite verwendet Cookies, um Ihnen einen bedarfsgerechteren Service bereitstellen zu können. Indem Sie ohne Veränderungen Ihrer Standard-Browser-Einstellung weiterhin diese Seite besuchen, erklären Sie sich mit unserer Verwendung von Cookies einverstanden. Möchten Sie mehr Informationen zu den von uns verwendeten Cookies erhalten und erfahren, wie Sie den Einsatz unserer Cookies unterbinden können, lesen Sie bitte unsere Cookie Notice.