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20.09.2012
Thema des Monats

Eingetragene Lebenspartnerschaften – Ein steuerlicher Überblick

Am 01.08.2001 trat das Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft, kurz Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) in Kraft. In vielen Bereichen bewirkt die eingetragene Lebenspartnerschaft die gleichen Rechtsfolgen wie eine Ehe, sie wird rechtlich jedoch als nicht identisch mit einer Ehe angesehen. In einigen Rechtsgebieten, wie beispielsweise beim Angehörigenstatus im § 20 Verwaltungsverfahrensgesetz und im § 16 Zehntes Sozialgesetzbuch, gibt es jedoch teils gravierende Unterschiede. Der bedeutendste Unterschied zwischen Ehe und der eingetragenen Lebenspartnerschaft ergibt sich in den steuerrechtlichen Folgen.

Steuerrechtliche Begünstigungen regelt das LPartG nicht, daher herrscht im Geltungsbereich der Einkommensteuer noch immer eine ungleiche Behandlung zwischen Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnerschaften. Für die Erbschaftsteuer dagegen hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 21.07.2010 festgestellt, dass diese Benachteiligung gegen die verfassungsmäßigen Grundsätze verstößt. Der Gesetzgeber musste darauf hin zum 1. Januar 2011 das Erbschaftsteuergesetz insoweit ändern, als dass nun auch Lebenspartner in den Genuss der Freibeträge für die Erbschaft- und Schenkungsteuer kommen.

Hinsichtlich einkommensteuerlicher Vergünstigungen ist es vor allem der „Splitting“-Tarif, von dem Lebenspartner bisher nicht profitieren. Es handelt sich dabei um den Steuersatz für Ehegatten, der je nach Einkommenskonstellation der Eheleute zu einer insgesamt geringeren Steuerlast führen kann. Der Bundesfinanzhof hat bereits im Jahr 2006 in drei Entscheidungen entschieden, dass eingetragene Lebenspartner keinen Anspruch auf Zusammenveranlagung unter Anwendung des Splitting- Tarifs haben (BFH vom 26.01.2006, BFH vom 20.07.2006 und BFH vom 19.10.2006). Weitere Revisionsverfahren sind noch anhängig.

Gegen alle drei Urteile wurde Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt (Az. 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06 und 2 BvR 288/07) – eine Entscheidung steht allerdings noch aus.

Bis zur endgültigen Klärung der Rechtslage durch das Bundesverfassungsgericht hatten sich unterdessen verschiedene Gerichte und Behörden mit Fragen des vorläufigen Rechtsschutzes und mit weiteren Nebenfragen des Sachverhalts befasst. Im Folgenden möchten wir eine Übersicht über die wichtigsten Urteile und Verwaltungsanweisungen geben:

Ruhen des Verfahrens

Auf Grund der bestehenden gesetzlichen Regelung sind die Finanzämter verpflichtet, für eingetragene Lebenspartner zwingend eine Veranlagung nach dem Grundtarif durchzuführen. Will der Steuerpflichtige von einer eventuell positiven Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts profitieren, muss er Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid einlegen. Das Verfahren wird dann in diesem Punkt ruhend gestellt und nach Klärung der Rechtslage neu beschieden.
Auf die Möglichkeit der Verfahrensruhe hat kürzlich auch die Oberfinanzdirektion Münster hingewiesen (Kurzinformation vom 06.03.2012). Der Einspruch muss in jedem Veranlagungszeitraum separat eingelegt werden.

Aussetzung/ Aufhebung der Vollziehung

Das Ruhen des Verfahrens bewirkt jedoch nicht, dass der angefochtene Bescheid nicht vollzogen werden kann – insbesondere ist die Vollstreckung nicht gehemmt. Kommt es auf Grund der Einzelveranlagung eines Lebenspartners deshalb zu einer Nachforderung des Finanzamts, kann ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt werden. Auch hierzu ist zunächst ein Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid notwendig. Die Aussetzung der Vollziehung bewirkt, dass die Mehrbelastung durch die ungünstigere Veranlagungsform zunächst nicht gezahlt werden muss. Ausgesetzt wird demnach der Unterschiedsbetrag zwischen der Steuer laut Einzelveranlagung und der unter Berücksichtigung des Splitting-Tarifs. Aussetzung wirkt bis zur endgültigen Entscheidung durch das BVerfG und hat lediglich die Aufgabe, eine Zahlung bis zur Klärung hinauszuzögern.

Voraussetzung für die Gewährung der Aussetzung der Vollziehung ist, dass ernstliche rechtliche Zweifel an der Veranlagung bestehen. Das Niedersächsische Finanzgericht hat in mehreren Beschlüssen (Beschluss vom 09.10.2010, Beschluss vom 15.06.2011, Beschluss vom 31.01.2012) entschieden, dass eben solche Zweifel bestehen, soweit eingetragenen Lebenspartnerschaften der Splitting-Tarif verwehrt wird. Der BFH hat diese Auffassung mit Beschluss vom 23.05.2011 bestätigt (allerdings nur aus formalen Gründen). Anderer Meinung war immer noch das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt, welches mit Beschluss vom 06.04.2011 die Aussetzung der Vollziehung ablehnte.

Wegen der teils unterschiedlichen Auffassung der Finanzgerichte haben einzelne Bundesländer bereits die zuständigen Behörden im Geltungsbereich angehalten, die Aussetzung der Vollziehung zu gewähren. So hat beispielsweise das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfahlen in einer Pressemitteilung bekanntgegeben, dass vorläufiger Rechtschutz bis zu einer Entscheidung des BVerfG gewährt würde (Mitteilung vom 06.07.2012). Entsprechendes hat auch das Land Baden-Württemberg verlauten lassen.

Keinen Erfolg dagegen hatte ein Antrag beim BFH auf Aufhebung der Vollziehung eines ergangenen Bescheides. Aufhebung und nicht Aussetzung war beantragt worden, da die angefochtenen Bescheide bereits vollzogen waren. Im entschiedenen Fall hatte das Finanzamt die Zusammenveranlagung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft abgelehnt. Gegen die Ablehnung legte der Kläger Einspruch ein und beantragte u.a. die Aufhebung der Vollziehung mit dem Ziel, die Festsetzung mit der ungünstigeren Veranlagungsform zu negieren.
Nachdem dem Antrag im finanzgerichtlichen Verfahren stattgegeben wurde, legte das Finanzamt Beschwerde beim BFH ein, welche mit Beschluss vom 23.04.2012 im Sinne der Behörde beschieden wurde. Demnach habe der Kläger kein Recht auf die Aufhebung der Vollziehung des Bescheides. Zur Begründung führte das Gericht auf, dass der Steuerpflichtige durch die Einzelveranlagung keine wesentlichen Nachteile entstünden, die seine wirtschaftliche und persönliche Existenz unmittelbar bedrohten. Außerdem würde die Ablehnung auch nicht zur einer Belastung führen, die nicht durch das Hauptverfahren wieder beseitigt werden könne.


Steuerklassenwahl III/V

Die beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfassungsbeschwerden richten sich gegen die bei Lebenspartnern festgesetzte Einkommensteuer, die im Rahmen der jährlichen Einkommensteuerveranlagung durch Bescheid festgesetzt wurde. Fraglich ist zudem auch, ob für die Ermittlung der Lohnsteuer auch schon unterjährig eine Ermäßigung berücksichtigt werden darf. Für Ehegatten ist hier die Steuerklassenkombination III/V vorgesehen, die dem besonderen Steuersatz Rechnung trägt. Eingetragene Lebenspartnerschaften werden dagegen in die Steuerklasse I eingereiht, da das Einkommensteuergesetz für die Kombination III/V Ehegatten unterschiedlichen Geschlechts voraussetzt.

Deutschlandweit kam es in den letzten Monaten zu mehreren finanzgerichtlichen Verfahren, in denen eingetragene Lebenspartnerschaften für sich die Steuerklassen-Kombination III/V beantragt hatten. So haben insbesondere das Niedersächsische Finanzgericht (Beschluss vom 01.12.2010), das FG Münster (Beschluss vom 16.01.2012) und das FG Bremen (Beschluss vom 13.02.2012) verfassungsrechtliche Zweifel an der bestehenden Regelung geäußert. Keine Bedenken dagegen hatte das Finanzgericht Düsseldorf, welches in zwei parallel geführten Verfahren keinen Spielraum für die Berücksichtigung der Steuerklassenkombination III/V sah (Urteile vom 27.10.2011). Gegen beide Verfahren wurde Revision eingelegt, dementsprechend muss der BFH abschließend über die Gewährung der günstigeren Steuerklassen entscheiden (Aktenzeichen III R 1/12 und III R 2/12).
Nach einer Pressemitteilung vom 06.07.2012 des Finanzministeriums NRW ist im Geltungsbereich der Landesregierung die Steuerklassenkombination III/V auf Antrag der eingetragenen Lebenspartnerschaft zu gewähren.


Zusammenfassung

Die Frage der Gleichstellung von Lebenspartnern und Ehegatten im Einkommensteuerrecht beschäftigt seit Jahren sowohl die Finanzverwaltung als auch die (Finanz-)Gerichte und nicht zuletzt auch die Politik. Bereits heute sind eine Vielzahl von Verfahren geführt worden – mit durchaus unterschiedlichen Ergebnissen. Der BFH scheint an seiner grundsätzlich ablehnenden Haltung fest zu halten. Demgegenüber haben einzelne Regierungen auf Länderebene Regelungen geschaffen, die zum Teil eine mögliche Verfassungswidrigkeit auf eigene Initiative berücksichtigen ohne dass eine bundeseinheitliche Regelung existiert.

Das Einlegen von Rechtsbehelfen ist in jedem Fall zu empfehlen um die eigene Rechtsposition zu wahren. Die besprochenen Maßnahmen zum vorläufigen Rechtschutz haben – selbst bei erfolgreicher Durchsetzung gegenüber den Finanzbehörden – lediglich den Effekt einer Verschiebung der endgültigen Lösung bis zur Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht. Steuerpflichtige sollten beachten, dass es bei einer Entscheidung zu Ungunsten der Lebenspartner durch aus zu Nachforderungen kommen kann, wenn zuvor die Aussetzung der Vollziehung oder die Steuerklassenkombination III/V gewährt wurde. Zusätzlich kann das Finanzamt für die Dauer des Aufschubs Zinsen festsetzen, die dann noch zusätzlich neben der Nachforderung anfallen.

Umso mehr blicken alle Beteiligten nach Karlsruhe, um eine endgültige Klarstellung zu erhalten. 

Fundstellen

BVerfG, Beschuss vom 21.07.2010,  1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07
BFH, Urteil vom 26.01.2006, III R 51/05 (DStRE 2007, 699)
BFH, Urteil vom 20.07.2006, III R 8/04 (DStRE 2006, 1179)
BFH, Beschluss vom 23.05.2011, III B 211/10 (NV) (veröffentlicht am 13.07.2011)
BFH, Beschluss vom 23.04.2012, III B 187/11 (NV) (veröffentlicht am 20.06.2012)
Finanzgericht Bremen, Beschluss vom 13.02.2011, 1 V 113/11(5)
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 27.10.2011, 14 K 1890/11 E
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 27.10.2011, 14 K 2269/11 L
Finanzgericht Münster, Beschluss vom 16.01.2012, 6 V 4218/11 E
Finanzgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 06.04.2011, 1 V 146/11
Niedersächsisches Finanzgericht, Beschluss vom 09.11.2010, 10 V 309/10
Niedersächsisches Finanzgericht, Beschluss vom 01.12.2010, 13 V 239/10
Niedersächsisches Finanzgericht, Beschluss vom 15.06.2011, 3 V 125/11
Niedersächsisches Finanzgericht, Beschluss vom 31.01.2012, 10 V 424/11

Ihre Ansprechpartner

Peter Mosbach

pmosbach@deloitte.de
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Katrin Köhler

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