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04.01.2017
Steuerrecht

Rückfallklausel des § 50d Abs. 8 EStG auch bei fehlender abkommensrechtlicher Ansässigkeit in Deutschland anwendbar

Die Vorschrift des § 50d Abs. 8 EStG enthält eine besondere Bestimmung für die Freistellung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nach einem Doppelbesteuerungsabkommen für unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer. Es handelt sich hierbei regelmäßig um Fälle, bei denen ein Arbeitnehmer in Deutschland über einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt verfügt und eine Tätigkeit in einem anderen Staat ausübt. In den Doppelbesteuerungsabkommen wird das Besteuerungsrecht grundsätzlich dem Tätigkeitsstaat zugeordnet (Art. 15 OECD-MA), während der Ansässigkeitsstaat (Deutschland) die Einkünfte von der inländischen Besteuerung freistellt (Art. 23 Abs. 1 OECD-MA). Gem. § 50d Abs. 8 EStG wird bei unbeschränkt Steuerpflichtigen die Steuerfreistellung in Deutschland jedoch nur dann gewährt, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass er die im Ausland auf die Einkünfte festgesetzten Steuern entrichtet hat oder der Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat.

Mit Beschluss vom 25.05.2016 (I B 139/11) hat der BFH nunmehr klargestellt, dass für die Anwendung des § 50d Abs. 8 EStG allein eine unbeschränkte Steuerpflicht vorliegen muss. Eine vorrangige Ansässigkeit nach den Bestimmungen des Doppelbesteuerungsabkommens in Deutschland (Art. 4 Abs. 2 OECD-MA) ist nach Auffassung des BFH keine Voraussetzung für die Anwendung des § 50d Abs. 8 EStG. Es ist folglich für die Anwendung des § 50d Abs. 8 EStG irrelevant, ob das Besteuerungsrecht Deutschlands bereits aus der Verteilungsnorm selbst (Art. 15 OECD-MA) ausgeschlossen ist oder ob die Freistellung der Einkünfte in Deutschland aus der Anwendung des Methodenartikels (Art. 23 Abs. 1 OECD-MA) herrührt. Ausschlaggebend ist dem Wortlaut des Gesetzes folgend ausschließlich das Vorliegen einer unbeschränkten Steuerpflicht im Inland. So soll die Entstehung sogenannter „weißer“ Einkünfte ausgeschlossen werden. 

Beispiel

Der deutsche Arbeitnehmer A ist für seinen deutschen Arbeitgeber im Vertragsstaat China tätig. A verfügt in Deutschland über einen Wohnsitz und gilt daher als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gem. § 1 Abs. 1 EStG. Des Weiteren verfügt er auch in China über einen Wohnsitz. Nach den Regelungen des Doppelbesteuerungsabkommens gilt A jedoch als in China ansässig, da sich dorthin sein Lebensmittelpunkt verlagerte (Art. 4 Abs. 2 Buchs. A DBA China).

China ist abkommensrechtlich sowohl Ansässigkeits- als auch Tätigkeitsstaat. Da A als in China ansässig gilt, können die in China ausgeübten Arbeitstage nach Art. 15 Abs. 1 S. 1 DBA China nur in China besteuert werden. In Deutschland sind diese Einkünfte grundsätzlich von der inländischen Besteuerung freizustellen und lediglich im Rahmen des Progressionsvorbehalts gem. § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG zu berücksichtigen. Eine Steuerfreistellung in Deutschland kann unabhängig des Doppelbesteuerungsabkommens jedoch gemäß § 50d Abs. 8 S. 1 EStG nur erfolgen, wenn A als unbeschränkt Steuerpflichtiger nachweist, dass China auf sein nach dem Doppelbesteuerungsabkommen vorliegendes Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die auf die Einkünfte festgesetzten Steuern in China tatsächlich entrichtet wurden. Kann solch ein Nachweis nicht erbracht werden, ist eine Steuerfreistellung gem. § 50d Abs. 8 S. 1 EStG in Deutschland zu verwehren.

Über die besonderen Anforderungen eines Nachweises über die im Ausland entrichteten Steuern hat das FG Köln ferner mit Urteil vom 16.06.2016 (13 K 3649/13) entschieden. Das FG Köln urteilte hierbei über die Minimalvoraussetzung für Nachweisforderungen bei ausländischem Arbeitslohn. Demnach gilt als Minimalvoraussetzung für den Nachweis der im Ausland entrichteten Steuern ein Nachweis einer betragsmäßig konkretisierten Steuerabführung.

Wird ein derartiger Nachweis einer ausländischen Steuerbehörde nicht vorgelegt, werden die grundsätzlich nach einem Doppelbesteuerungsabkommen von der inländischen Besteuerung freigestellten Einkünfte aufgrund der Regelungen der „unilaterale Rückfallklausel“ des § 50d Abs. 8 EStG dennoch der inländischen Besteuerung unterworfen und eine Steuerfreistellung verwehrt. Eine vom ausländischen Arbeitgeber vorgelegte Arbeitgeberbescheinigung ohne explizite Angaben über die tatsächlich entrichtete Steuer im Ausland ist hierbei als Nachweis gemäß o. g. Urteil ausdrücklich nicht ausreichend.

Anmerkungen

Der BFH legte die Rechtsfrage, ob als subjektive Voraussetzung die unbeschränkte Steuerpflicht nach innerstaatlichen Vorschriften (§ 1 Abs.1 EStG) ausreichend oder zusätzlich noch die Ansässigkeit nach einem Doppelbesteuerungsabkommen notwendig ist, dahingehend aus, dass in diesem Fall das Welteinkommensprinzip ausschlaggebend ist. Im Ergebnis entschied der BFH, solche Tatbestände vertretbarerweise auf die unbeschränkte Steuerpflicht zu stützen und den Tatbestand der abkommensrechtlichen Ansässigkeit zu vernachlässigen. Er folgt somit dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift. Somit ist die Rückfallklausel des § 50d Abs. 8 EStG folglich auch dann anzuwenden, wenn ein Steuerpflichtiger zwar in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig, aber nicht in Deutschland ansässig im Sinne des jeweils anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommens ist.

Auch das Urteil des FG zur Minimalvoraussetzung für Nachweisanforderungen bei ausländischem Arbeitslohn erscheint nachvollziehbar. So wird zukünftig verstärkt auf einen Nachweis über die im Ausland tatsächlich entrichteten Steuern zu achten sein.

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Peter Mosbach
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Christian Röpke
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