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26.04.2011
Steuerrecht

BFH/FG: Aktuelle Rechtsprechung zur doppelten Haushaltsführung

Notwendige Mehraufwendungen, die im Zusammenhang mit einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung stehen, können durch den Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden oder alternativ als Werbungskosten in Abzug gebracht werden.

Eine steuerlich anzuerkennende doppelte Haushaltsführung liegt grundsätzlich dann vor, wenn ein Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, an dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und am entsprechenden Beschäftigungsort auch wohnt. Daher müssen folgende Tatbestandsmerkmale für das Vorliegen einer steuerlichen doppelten Haushaltsführung kumulativ erfüllt sein:

  • es wird ein eigener Hausstand unterhalten;
  • der Lebensmittelpunkt befindet sich am Ort des eigenen Hausstands;
  • zusätzlich wird eine Zweitwohnung am Beschäftigungsort unterhalten;
  • der Bezug der Zweitwohnung ist beruflich veranlasst.

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) hat mit seinem Urteil vom 07.10.2010 entschieden, dass bei einem gemeinsamen Bezug der Zweitwohnung am Beschäftigungsort vom Steuerpflichtigen und seiner Lebensgefährtin die Voraussetzungen einer beruflich begründeten doppelten Haushaltsführung nicht erfüllt sind. Dem Urteil des Finanzgerichtes lag dabei folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger übernahm die Leitung eines Ingenieurbüros in P und mietete dort eine Wohnung an, die er gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin, die ebenfalls in P arbeitete, bezog. Nach den Ausführungen des Klägers befand sich der Haupthausstand in O, der Wohnung seiner Lebensgefährtin. An den entsprechenden Mietaufwendungen für die Wohnung in O hatte der Kläger sich finanziell beteiligt. Nach Auffassung des FG liegt in diesem Fall keine steuerlich anzuerkennende doppelte Haushaltsführung vor, da sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Klägers am Beschäftigungsort befindet. Zwar könne diese Anscheinsvermutung durch glaubhafte Nachweise widerlegt werden, der Kläger konnte solche Nachweise jedoch nicht erbringen. Ein entsprechender Werbungskostenabzug für Aufwendungen einer doppelten Haushaltsführung war somit zu verneinen.

Sofern die o.g. Voraussetzungen für eine steuerlich anzuerkennende doppelte Haushaltsführung erfüllt sind, können insbesondere nachfolgende Mehraufwendungen entweder bereits durch den Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden oder aber als Werbungskosten im Rahmen der persönlichen Einkommensteuererklärung in Abzug gebracht werden:

  • Fahrtkosten in tatsächlicher Höhe oder aber in Höhe von pauschal 0,30 € pro gefahrenem Kilometer bei Begründung und Beendigung der doppelten Haushaltsführung;
  • Fahrtkosten für eine tatsächlich durchgeführte wöchentliche Familienheimfahrt in Höhe von 0,30 €, es sei denn, diese wurde mit einem seitens des Arbeitgebers unentgeltlich zur Nutzung überlassenen Firmenwagens durchgeführt (für die Nutzung eines Firmenwagens für eine wöchentliche Familienheimfahrt im Rahmen einer doppelten Haushaltführung ist einerseits kein steuerpflichtiger geldwerter Vorteil zu erfassen, andererseits kann dann kein Werbungskostenabzug mehr beantragt werden);
  • Verpflegungsmehraufwendungen innerhalb der hierfür vorgesehenen Pauschalen für einen Zeitraum von maximal drei Monaten nach Bezug der Wohnung am Beschäftigungsort;
  • Die durch das Beziehen oder die Aufgabe der Zweitwohnung verursachten tatsächlichen Umzugskosten (ein Ansatz der im Rahmen des Bundesumzugskostengesetzes beziehungsweise der Auslandsumzugskostenverordnung vorgesehen Pauschalen kommt bei Vorliegen einer doppelten Haushaltführung nicht in Betracht);
  • Aufwendungen für die Zweitwohnung am Beschäftigungsort, maximal in Höhe der Aufwendungen, die sich für eine Wohnung von 60 qm bei einem ortsüblichen Mietzins je qm für eine nach Lage und Ausstattung durchschnittliche Wohnung ergeben würde.

In unserem Artikel vom 26.10.2010 hatten wir über ein Urteil des Finanzgerichts Köln berichtet , in welchem das FG darüber zu entscheiden hatte, inwiefern auch Aufwendungen für wöchentliche Besuchsfahrten eines Ehegatten zur Zweitwohnung des auswärts beschäftigten Ehegatten (sogenannte „umgekehrte“ Familienheimfahrten) als Werbungskosten in Abzug gebracht werden können. Im zugrundeliegenden Sachverhalt bewohnten die Kläger eine gemeinsame Familienwohnung. Die Klägerin unterhielt zusätzlich an ihrem auswärtigen Beschäftigungsort eine Zweitwohnung. An den Wochenende pendelte die Klägerin in der Regel vom ihrem Beschäftigungsort an den Ort des gemeinsamen Familienwohnsitzes zurück. Umgekehrt jedoch besuchte auch der Kläger die Klägerin mehrfach an deren Beschäftigungsort. Die Klägerin beantragte daher im Rahmen ihrer Einkommensteuerveranlagungen auch hinsichtlich der „umgekehrten“ Familienheimfahrten einen Werbungskostenabzug. Das Finanzgericht Köln lehnte diesen jedoch mit dem Hinweis ab, dass ein Werbungskostenabzug für diese Fahrten nur dann in Betracht käme, wenn die Klägerin aus beruflichen Gründen an einer Familienheimfahrt gehindert worden wäre. Da die Klägerin im Streitfall die Familienheimfahrten jedoch aus gesundheitlichen und somit privaten Gründen nicht selbst unternommen hatte, konnte ein Werbungskostenabzug für die „umgekehrten“ Familienheimfahrten somit nicht anerkannt werden. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat diese Rechtsauffassung mit Beschluss vom 02.02.2011 bestätigt. Entscheidend sei, dass die Besuchsfahrten des Klägers nicht vom Gesetzeswortlaut erfasst werden. Da die entsprechenden Aufwendungen zudem nicht beruflich bedingt sind, sondern vielmehr private Wochenendreisen darstellen, sind diese auch nicht als sonstige Werbungskosten anzusehen. Der BFH ließ jedoch in seinem Urteil offen, ob umgekehrte Familienheimfahrten zumindest dann als Werbungskosten abzugsfähig sind, wenn diese aus beruflichen Gründen durchgeführt werden (z.B. wenn aufgrund eines beruflichen Sonderprojektes ein Verbleib am Beschäftigungsort während des Wochenendes notwendig ist).

Mit Artikel vom 23.07.2010 hatten wir über ein Urteil des Finanzgerichtes Köln zu der Frage berichtet, ob Verpflegungsmehraufwendungen in den ersten drei Monaten nach Neubegründung einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten geltend gemacht werden können, wenn die doppelte Haushaltsführung erneut am früheren Beschäftigungsort in der bereits zuvor genutzten Wohnung begründet wird. Im vorliegenden Sachverhalt hatte der Kläger seinen Familienwohnsitz in K inne. Da er von seinem Arbeitgeber nach A abgeordnet wurde, bezog er am Beschäftigungsort in A (zusätzlich) eine Eigentumswohnung. Im Streitjahr wurde der Kläger dann jedoch seitens seines Arbeitgebers beurlaubt, um einen Lehrauftrag in B zu erfüllen. In B mietete der Kläger wiederum für die Dauer seines Lehrauftrages eine Wohnung an. Der Zweithaushalt in A wurde daher nicht weiter fortgeführt. Nach Beendigung des Lehrauftrages in B nahm der Kläger seine Beschäftigung in A wieder auf und bezog in diesem Zusammenhang erneut seine dortige Eigentumswohnung. Im Rahmen des Revisionsverfahrens hat der BFH nunmehr mit Urteil vom 08.07.2010 entschieden, dass die erneute Begründung einer doppelten Haushaltsführung am Beschäftigungsort nicht zwangsläufig voraussetzt, dass auch eine neue Wohnung am Beschäftigungsort bezogen wird. Der Kläger kann somit einen erneuten Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen für die ersten drei Monate der (erneut begründeten) doppelten Haushaltsführung geltend machen.

Abschließend möchten wir noch ergänzend darauf hinweisen, dass stets abzugrenzen ist, inwiefern eine doppelte Haushaltführung oder aber eine beruflich bedingte Auswärtstätigkeit vorliegt. Eine Auswärtstätigkeit liegt grundsätzlich dann vor, wenn der Arbeitnehmer vorübergehend außerhalb seiner Wohnung und an keiner seiner regelmäßigen Arbeitsstätten beruflich tätig wird oder aber, wenn der Arbeitnehmer bei seiner individuellen beruflichen Tätigkeit typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug tätig wird.

Durch die Änderung der Lohnsteuerrichtlinien zum 01.01.2008 und die in diesem Zuge vorgenommene Neudefinition einer beruflich bedingten Auswärtstätigkeit, ist diese Abgrenzung nunmehr insbesondere auch bei konzerninternen Arbeitnehmerentsendungen vorzunehmen.

Sollte eine beruflich bedingte Auswärtstätigkeit vorliegen, können die in diesem Zusammenhang angefallenen Mehraufwendungen nach „Reisekostengrundsätzen“ steuerfrei erstattet werden oder alternativ als Werbungskosten abgezogen werden. Dies ist insbesondere aufgrund der umfangreicheren Erstattungsmöglichkeiten zudem steuerlich günstiger (z.B. keine Beschränkung der Erstattung von Mietaufwendungen am Beschäftigungsort auf die ortsübliche Vergleichsmiete einer 60 qm Wohnung, keine Erfassung eines geldwerten Vorteils für die Nutzung eines Firmenwagens für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte etc.). Ausführlichere Informationen zum Vorliegen einer beruflich bedingten Auswärtstätigkeit bei konzerninternen Arbeitnehmerentsendungen können Sie unter anderem unserem Artikel vom 24.11.2010 entnehmen.

Fundstellen

Finanzgericht Berlin-Brandenburg 5. Senat, Urteil vom 07.10.2010, 5 K 5230/07 
Bundesfinanzhof Beschluss vom 02.02.2011, VI R 15/10
Bundesfinanzhof Urteil vom 08.07.2010, VI R 15/09

Ansprechpartner

Peter Mosbach I Düsseldorf
Katrin Köhler I Düsseldorf

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