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31.03.2011
Steuerrecht

Konsultationsvereinbarungen: Abkommensrechtliche Zuordnung von Besteuerungsrechten für Abfindungen nach den DBA Belgien, Niederlande, Österreich und Schweiz

In unserem „Thema des Monats“ vom 15.12.2009 hatten wir Sie bereits über die Problematik der abkommensrechtlichen Zuordnung von Besteuerungsrechten für Abfindungen im Fall von Verständigungsvereinbarungen ausführlich informiert.

Wie dargestellt, gehören Abfindungen grundsätzlich zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) stellen Abfindungen im Rahmen der deutschen abkommensrechtlichen Auslegung jedoch ihrem Charakter nach weder zusätzliches Entgelt für die frühere Tätigkeit dar, noch werden diese für eine konkret im Inland oder Ausland ausgeübte Tätigkeit gezahlt. Vielmehr soll eine Abfindung der finanziellen Überbrückung des (potenziell arbeitsfreien) Zeitraums nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses dienen. Demnach steht das Besteuerungsrecht ausschließlich dem abkommensrechtlichen Ansässigkeitsstaat im Zeitpunkt der Auszahlung zu. Diese Grundsätze für die Besteuerung von Abfindungszahlungen werden auch durch die Finanzverwaltung bestätigt (siehe BMF-Schreiben vom 14.09.2006). Da jedoch in einigen Vertragsstaaten Abfindungen nach den jeweiligen nationalen Regelungen der Tätigkeit zugeordnet werden, die im Rahmen des früheren Arbeitsverhältnisses ausgeübt wurde, wird aus Sicht dieser Vertragsstaaten das Besteuerungsrecht für die Abfindungszahlung dem Staat zugeordnet, in dem die frühere Tätigkeit ausgeübt wurde. Da diese unterschiedliche Betrachtungsweise in bestimmten Fällen sogenannte „weiße Einkünfte“ generieren kann, hat die deutsche Finanzverwaltung mit bestimmten Vertragsstaaten sog. Verständigungsvereinbarungen hinsichtlich der Zuweisung des Besteuerungsrechtes für Abfindungen abgeschlossen. Der Bundesfinanzhof hatte in zwei Urteilen vom 02.09.2009 entschieden, dass diese Verständigungsvereinbarungen keine Anwendung finden können, wenn sie nicht innerstaatliches Recht geworden sind. Dafür bedarf es entsprechender Zustimmungsgesetze. Mit dem Jahressteuergesetz 2010 wurde nunmehr eine Ermächtigung geschaffen, nach der das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen erlassen kann. Am 22.12.2010 wurden nunmehr die Verordnungen zur Umsetzung der Konsultationsvereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft nach entsprechender Zustimmung des Bundesrates im Bundesgesetzblatt I veröffentlicht und sind daher in innerstaatliches Recht transformiert worden.

Dies hat folgende Auswirkungen auf die Besteuerung von Abfindungen nach den Doppelbesteuerungsabkommen bzw. den jeweiligen Verständigungsvereinbarungen mit der Schweiz, Österreich, Belgien und den Niederlanden:

Die Verständigungsvereinbarung mit Belgien ordnet das Besteuerungsrecht für Abfindungszahlungen mit Versorgungscharakter dem (abkommensrechtlichen) Ansässigkeitsstaat zu. Für Abfindungen, bei denen es sich um Nachzahlungen von Löhnen, Gehältern und anderen Vergütungen auf Grundlage des Arbeitsvertrages handelt oder für Abfindungen, die allgemein für die Auflösung des Arbeitsvertrages gezahlt werden, wird dagegen das Besteuerungsrecht dem (früheren) Tätigkeitsstaat zugewiesen.

Für die Zuweisung des Besteuerungsrechtes für Abfindungen gemäß der Verständigungsvereinbarung mit den Niederlanden ist zu prüfen, ob die Abfindung für das vorzeitige Ausscheiden aus einem Dienstverhältnis gewährt oder ob der Abfindung Versorgungscharakter beigemessen wird. Ist die Zahlung als Entschädigung für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis zu qualifizieren, hat der Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht. Wird hingegen der Abfindungszahlung Versorgungscharakter beigemessen, wird dem (abkommensrechtlichen) Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht zugewiesen. Sind die Abfindungen keiner der beiden Kategorien zuzuordnen oder verzichtet der Tätigkeitsstaat auf sein Besteuerungsrecht, fällt das Besteuerungsrecht an den (abkommensrechtlichen) Ansässigkeitsstaat zurück.

Auch nach der Konsultationsvereinbarung mit Österreich ergibt sich ein Besteuerungsrecht des früheren Tätigkeitsstaates sowohl für Gehaltsfortzahlungen als auch für Entlassungsentschädigungen, Zahlungen für ein Konkurrenz oder Wettbewerbsverbot sowie Urlaubsentschädigungen. Es ist ebenfalls der Rückfall des Besteuerungsrechts an den (abkommensrechtlichen) Wohnsitzstaat vorgesehen, wenn der Tätigkeitsstaat im Wegzugsfall sein Besteuerungsrecht nicht wahrnehmen sollte.

Nach der Konsultationsvereinbarung mit der Schweiz muss differenziert werden, ob einer Abfindung Versorgungscharakter zukommt oder ob es sich bei der Abfindung um Lohn- und Gehaltsnachzahlungen oder um eine allgemeine Entschädigung für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis handelt. Kommt der Abfindung Versorgungscharakter zu, z. B. weil laufende Pensionszahlungen in einer Summe abgefunden werden, steht das Besteuerungsrecht dem (abkommensrechtlichen) Wohnsitzstaat zu. In den übrigen Fällen wird das Besteuerungsrecht dem früheren Tätigkeitsstaat zugewiesen. Die vereinbarte Rückfallklausel, stellt sicher, dass in den Fällen in denen der Tätigkeitsstaat sein Besteuerungsrecht nicht wahrnimmt, das Besteuerungsrecht wieder an den (abkommensrechtlichen) Ansässigkeitsstaat zurück fällt.

Für alle Verständigungsvereinbarungen gilt – sofern eine Aufteilung der Abfindungszahlung geboten ist -, dass das Besteuerungsrecht zeitanteilig auf den „Erdienungszeitraum“ aufzuteilen ist, soweit der Arbeitnehmer nicht nur im Tätigkeitsstaat, sondern auch im (abkommensrechtlichen) Ansässigkeitsstaat tätig war. Der für diese Aufteilung jeweils maßgebliche „Erdienungszeitraum“ ist in den einzelnen Konsultationsvereinbarungen unterschiedlich definiert, so kann die Aufteilung nach der Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses oder anteilig nach den im Kalenderjahr vor Auflösung des Arbeitsverhältnisses bezogenen Vergütungen erfolgen.

Eine solche Aufteilung der Abfindungszahlungen kann vor allem in den Fällen der Arbeitnehmerentsendungen sehr umfangreich sein. Zudem sollte eine korrespondierende Besteuerung in den beteiligten Ländern gewährleistet werden, um eine Doppelbesteuerung von vornherein zu vermeiden. Zudem sollte frühzeitig geprüft werden, inwiefern die auf eine Abfindungszahlung entfallende Steuerlast durch entsprechende Gestaltungsmöglichkeiten optimiert werden kann.

Die vorgenannten Regelungen hinsichtlich der Zuweisung des Besteuerungsrechtes für die Abfindungen sind auf Besteuerungstatbestände, die ab dem 01.01.2010 verwirklicht werden, anzuwenden.

Fundstellen

Verordnung zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen vom 20.12.2010, Bundesgesetzblatt Teil I Nr. 66

Ansprechpartner

Peter Mosbach I Düsseldorf
Katrin Köhler I Düsseldorf

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